Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
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IBRRS 2025, 1306
KG, Beschluss vom 13.05.2025 - 21 U 8/25
1. Im Falle einer Kündigung unterfallen auch nicht erbrachte Leistungen der Umsatzsteuer (Anschluss an EuGH, IBR 2025, 60).
2. Der Vergütungsanspruch setzt auch im Fall der Kündigung eines Pauschalpreisvertrages die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung voraus.
3. Der Auftragnehmer hat für die Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrages die erbrachten Leistungen darzulegen und von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen. Nur für den Fall, dass lediglich noch ganz geringfügige Leistungen ausstehen und keine "kalkulatorischen Verschiebungen" zu Lasten des Auftraggebers verdeckt werden können, kann der Vergütungsanspruch auch auf die Weise berechnet werden, dass die nicht erbrachte Leistung bewertet und von der Gesamtvergütung abgezogen wird ("Abrechnung von oben").
4. Der Auftragnehmer muss zu seinen ersparten Aufwendungen und zum anderweitigen Erwerb vortragen. Wenn der Auftraggeber höhere Abzüge berücksichtigt wissen will, obliegt ihm dafür die Darlegungs- und Beweislast.

IBRRS 2025, 1232

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.04.2025 - 10 A 1795/22
1. Ob und wie lange Flächen nach Abriss der einst auf ihnen vorhandenen Baukörper noch dem Bebauungszusammenhang i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zuzurechnen sind, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung im jeweiligen Einzelfall. Dabei kann ein funktionaler Zusammenhang der Baukörper zu ihrer Umgebung Berücksichtigung finden.
2. Ein vorhandener Bebauungszusammenhang kann im Einzelfall auch bei einer überschaubaren Zeitspanne zwischen Abriss eines Baukörpers und Bauantragstellung entfallen.

IBRRS 2025, 0735

OLG Frankfurt, Urteil vom 21.02.2025 - 2 U 35/24
1. Der Austausch des Geschäftsführers der juristischen Person oder die Änderung der Gesellschafter begründet keinen Wechsel des Vertragspartners im Miet- oder Pachtvertrag. Eine unbefugte Überlassung an einen Dritten liegt in diesem Fall nicht vor.
2. Eine sog. "Change-of-Control-Klausel" bei Abschluss eines Miet- oder Pachtvertrags mit einer Unternehmensgesellschaft benachteiligt den Vertragspartner unangemessen und ist damit unwirksam. Bei Abschluss eines Miet- oder Pachtvertrags mit einer Unternehmensgesellschaft muss ein Vermieter mit einem Gesellschafterwechsel rechnen. Die Annahme eines Kontrollinteresses bei jeglichem Wechsel im Gesellschafterbestand oder der Geschäftsführung geht zu weit.

IBRRS 2025, 1305

OLG Hamm, Urteil vom 26.11.2024 - 21 U 60/22
1. Ist ein Bauunternehmer mit Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum beauftragt, hat der Verwalter diese Maßnahmen wie ein Bauherr zu überwachen. Er ist grundsätzlich verpflichtet, wie ein Bauherr im Interesse der Wohnungseigentümer sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind; für ihn erkennbare Mängel muss er hierbei berücksichtigen (vgl. BGH, IMR 2020, 124).
2. Auch bei der Abnahme hat er die Arbeiten auf für ihn erkennbare Mängel zu überprüfen und auf deren Beseitigung hinzuwirken.
3. Erklärt der Verwalter aber, dass bei Beauftragung einer ihm unbekannten Firma er die Baubetreuung ablehne und die Gemeinschaft einen Architekten mit der Baubetreuung beauftragen müsse, er aber bei Beauftragung einer ihm bekannten Firma die Baubetreuung selbst übernehmen würde, signalisiert er damit, dass er eine Baubetreuung höherer Qualität als die "wie ein Bauherr" zu leisten im Stande und bereit ist.
4. Dies gilt erst recht, wenn der Verwalter meint, in diesem Fall die Überprüfung des Angebots durch seinen hauseigenen Architekten vornehmen zu lassen.
5. Im Fall von Abdichtungsarbeiten am Dach ist somit der Kenntnisstand eines fachkundigen Dachdeckers maßgeblich, der über den eines durchschnittlichen Bauherrn hinausgeht, dabei aber nicht dem eines Architekten entsprechen muss.
6. Handelt es sich bei den vorgenommenen Abdichtungsarbeiten am Dach eines Mehrfamilienhauses um standardisierte Maßnahmen, die ein fachkundiger Handwerker beherrschen muss, ist vom Verwalter somit zwar keine durchgängige Überwachung der Arbeiten, aber doch eine Prüfung bei Abnahme auf für einen fachkundigen Dachdecker ohne Weiteres sichtbare und sich aufdrängende Ausführungsfehler zu erwarten.
7. Die Gemeinschaft kann den entstandenen Schaden fiktiv abrechnen.

Online seit 16. Mai
IBRRS 2025, 1219
OLG Brandenburg, Urteil vom 10.04.2025 - 10 U 54/24
1. Der Erwerber von Wohnungseigentum ist grundsätzlich berechtigt, seine individuellen Rechte aus dem Vertrag mit dem Veräußerer selbstständig zu verfolgen, solange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt sind. Das gilt auch für den Vorschussanspruch, mit der Maßgabe, dass er an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu zahlen ist.
2. Der Verlust von Gewährleistungsansprüchen durch vorbehaltlose Abnahme tritt ein, wenn der Besteller im Zeitpunkt der Abnahme positive Kenntnis von einem Mangel hat. Auf ein "Kennenmüssen" kommt es nicht an.
3. Sieht die Baubeschreibung vor, dass eine Erdgeschosswohnung barrierefrei geplant ist, dann liegt ein Mangel vor, wenn Türschwellen an einer - dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnenden - Terrasse 8 cm hoch sind.
4. Der Vorschussanspruch ist nach den voraussichtlich anfallenden erforderlichen Aufwendungen zu bemessen und umfasst auch die zukünftig anfallende Umsatzsteuer.

IBRRS 2025, 1290

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.08.2023 - Verg 6/23
1. Über die Notwendigkeit eines Verfahrensbeteiligten, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist nicht schematisch, sondern auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls zu entscheiden. Bei einer Hinzuziehung durch die Behörde ist die Notwendigkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen anzunehmen.
2. Sofern im Mittelpunkt des Nachprüfungsverfahrens auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen stehen, spricht im Allgemeinen mehr dafür, dass der öffentliche Auftraggeber die erforderlichen Sach- und Rechtskenntnisse in seinem originären Aufgabenkreis ohnehin organisieren muss und daher auch im Nachprüfungsverfahren nicht notwendig eines anwaltlichen Bevollmächtigten bedarf.
3. Umgekehrt kann die Beteiligung eines Rechtsanwalts notwendig sein, wenn sich im Nachprüfungsverfahren darüber hinaus nicht einfach gelagerte Rechtsfragen, insbesondere verfahrensrechtlicher oder solcher Art stellen, die auf einer höheren Rechtsebene als jener der Vergabeordnungen zu entscheiden sind.

Online seit 15. Mai
IBRRS 2025, 1288
OLG Brandenburg, Urteil vom 17.04.2025 - 10 U 11/24
1. Macht der Auftraggeber Schadensersatz wegen mangelhafter Kostenermittlung oder -kontrolle geltend, hat er darzulegen und zu beweisen, dass er bei einer richtigen Information über die Kostenentwicklung das Projekt nicht in der durchgeführten Form fortgeführt, sondern nicht oder anders gebaut hätte. Letzterenfalls hat er ein konkretes Projekt zu beschreiben und zu dessen Kosten vorzutragen.
2. Im Rahmen der Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden ist die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens nicht anwendbar.
3. Die Kostenkontrolle durch den Architekten ist mangelhaft, wenn sie den aktuellen - gegenüber der Kostenberechnung veränderten - Planungsstand einschließlich etwaiger Nebenbestimmungen aus der Baugenehmigung unberücksichtigt lässt und keinen Zuschlag für Unvorhergesehenes vorsieht.
4. Die Kostenberechnung des Architekten ist mangelhaft, wenn die Mengen unzutreffend ermittelt sind und die angesetzten Einheitspreise nicht den ortsüblichen Preisen entsprechen.
5. Nach Vorliegen der Ausführungsplanung kann der Architekt bei der Kostenverfolgung eine Toleranz nur in Höhe von 10% und überdies nur dann in Anspruch nehmen, sofern die ursprüngliche Kostenberechnung mangelfrei war.
6. Der Architekt kann bei der Kostenberechnung Erfahrungswerte oder Kostenkennwerte aus Baukostendatenbanken verwenden, muss diese jedoch konsistent und schlüssig auf das vertragsgegenständliche Objekt übertragen.

IBRRS 2025, 1289

LG Bonn, Urteil vom 31.03.2025 - 12 O 66/22
1. Der Mieter kann grundsätzlich Einsicht in die Originale der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung verlangen, ohne insoweit ein besonderes Interesse darlegen zu müssen.
2. Ein Aushandeln liegt nicht vor, wenn die für den Vertragspartner des Verwenders nachteilige Wirkung der Klausel im Zuge von Verhandlungen zwar abgeschwächt, der gesetzesfremde Kerngehalt der Klausel vom Verwender jedoch nicht ernsthaft zur Disposition gestellt wird.
3. Eine AGB-Klausel, wonach der Mieter innerhalb von vier Wochen nach Übersendung der Nebenkostenabrechnung Belegeinsicht fordern muss, ist unwirksam.
4. Dies gilt erst recht, wenn dem Vermieter hingegen für die Aufstellung der Abrechnungen im Vertrag keine Ausschlussfrist auferlegt, und die Vorgabe jährlicher Abrechnung nicht sanktionsbewehrt ausgestaltet worden ist.
5. Zwar kann ein Einwendungsausschluss auch formularmäßig vereinbart werden. Seine Wirksamkeit hängt aber insbesondere davon ab, dass dem Mieter die gleiche Zeit für Einwendungen bleibt wie dem Vermieter für die Abrechnung.

Online seit 14. Mai
IBRRS 2025, 1177
KG, Urteil vom 18.04.2023 - 21 U 110/22
1. Die Teilnahme des Auftraggebers an einer gemeinsamen Bautenstandsfeststellung, die wegen einer einstweiligen Arbeitseinstellung durchgeführt wurde, kann nicht ohne Weiteres als konkludente (Teil-)Abnahme der erbrachten Leistungen ausgelegt werden.
2. Eine fiktive Abnahme scheidet aus, wenn wesentliche Mängel vorhanden sind und deshalb keine Abnahmereife gegeben ist.
3. Eine Abnahme ist als Voraussetzung der Fälligkeit des Werklohns dann nicht mehr erforderlich, wenn sich der Auftraggeber gegen die Werklohnforderung allein mit auf Geldzahlung gerichteten Gewährleistungsansprüchen verteidigt, aber keine Nacherfüllung mehr verlangt, weil in diesem Fall ein Abrechnungsverhältnis zwischen den Parteien eingetreten ist (hier verneint).

IBRRS 2025, 1241

OLG Naumburg, Beschluss vom 19.07.2024 - 6 Verg 1/24
1. Reicht ein Bieter im Rahmen eines Offenen Verfahrens, in dem die Lieferung einer produktscharf und modellbezogen beschriebenen Ware gefordert und die Lieferung des Nachfolgenmodells unter der Bedingung der Vorlage einer zusätzlichen Herstellerbescheinigung über die Kompatibilität eröffnet wurde, innerhalb der Angebotsfrist ein Angebot über die Lieferung des geforderten Produkts ein, so ist eine Verschlechterung seiner Zuschlagschancen im Vergabeverfahren auszuschließen, wenn er selbst nachträglich erklärt, zur Lieferung des angebotenen Produkts nicht in der Lage zu sein. Dem steht nicht entgegen, dass er nach Ablauf der Angebotsfrist erklärt, zur Lieferung des Nachfolgemodells fähig zu sein.*)
2. Allein dadurch, dass der Auftraggeber trotz erteilter Vorabinformation i.S.v. § 134 GWB zugunsten eines Bieters den Zuschlag in dem Vergabeverfahren nicht an diesen Bieter erteilt, verstößt der öffentliche Auftraggeber noch nicht gegen eine bieterschützende vergaberechtliche Regelung.*)
3. Ein anderer schwerwiegender, vom Gewicht den enumerativ in § 63 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 VgV aufgeführten Aufhebungsgründen äquivalenter Grund für eine Aufhebung der Ausschreibung liegt darin, dass zum Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung kein Angebot mehr vorliegt, welches den Ausschreibungsbedingungen entspricht.*)

IBRRS 2025, 1071

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 10.04.2025 - 980b C 16/24 WEG
1. Eine bauliche Veränderung setzt eine auf Dauer angelegte Maßnahme an realen Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums voraus. Bleibt die bauliche Substanz des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudes auf Dauer unangetastet, handelt es sich lediglich um eine des Gebrauchs.
2. Dementsprechend regelt ein Beschluss, der das temporäre Aufstellen einer aufgrund eigener Schwere auf dem Boden ruhenden Kinderwagen-Garage für einen überschaubaren vordefinierten Zeitraum auf dem gemeinschaftlichen Eigentum, ohne dass es dazu eines Eingriffs in selbiges bedarf, genehmigt, lediglich die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums.
3. Bei der Beschlussfassung über eine "Benutzung" ist eine umfassende Einzelfallbetrachtung vorzunehmen; die Regelung muss der "goldenen Grundregel" gegenseitiger Rücksichtnahme und sonstigem Recht entsprechen und die Interessen der Betroffenen (inklusive individueller Bedürfnisse) und der Eigentümer im Übrigen zum schonenden Ausgleich bringen, also ein geordnetes und störungsfreies Zusammenleben fördern und der Wahrung des Hausfriedens dienen.

IBRRS 2025, 1255

AG Friedberg, Urteil vom 10.01.2025 - 2 C 580/24
1. Ein Beschluss, dass die Eigentümer ihren Balkon sanieren, ist unbestimmt, da diesem Beschluss nicht zu entnehmen ist, in welchem Umfang die Sanierung der Balkone durchgeführt werden soll, sprich nur das Sondereigentum (etwa Oberbelag) oder auch das Gemeinschaftseigentum (die Grundkonstruktion des Balkons und alle für die Sicherheit des Balkons erforderlichen Teile).
2. Ein Beschluss mit dem Ziel, Sondereigentum zu verwalten, ist wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig. Es besteht selbst dann keine Beschlusskompetenz, wenn eine öffentlich-rechtliche Vorschrift Maßnahmen am Sondereigentum erfordert.

Online seit 13. Mai
IBRRS 2025, 1282
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2025 - 5 U 148/23
1. Der Bieter darf die Leistungsbeschreibung einer öffentlichen Ausschreibung nach der VOB/A im Zweifelsfall so verstehen, dass der Auftraggeber den Anforderungen der VOB/A an die Ausschreibung entsprechen will.
2. Bei VOB/B-Verträgen richtet sich die Vergütung für geänderte Leistungen gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge.
3. Die Vergütung für geänderte Leistungen gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B kann vom Gericht geschätzt werden, ohne dass eine Nachtragskalkulation erforderlich wäre.
4. Ob die "Anordnung" zur Durchführung von Nachtarbeiten als rechtsgeschäftliche Anordnung zu qualifizieren ist, die zusätzliche Vergütungsansprüche auslöst, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln (hier verneint).
5. Ergibt die Auslegung, dass die Leistung, für die eine Mehrvergütung verlangt wird, bereits Gegenstand der ursprünglichen Vereinbarung war, ist der Mehrvergütungsanspruch unbegründet.

IBRRS 2025, 1229

VG Darmstadt, Beschluss vom 01.04.2025 - 7 L 2856/24
Das Auswahlverfahren zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession bzw. eines Dienstleistungsauftrags, die die Vergabe von Zuwendungen zur Erschließung bislang unterversorgter Gebiete mit schnellen Gigabit-Breitbandinternetanschlüssen zum Gegenstand hat, darf in Anlehnung an die kartellvergaberechtlichen Regelungen gestaltet werden. Der Auftraggeber kann dann die Vorschriften der KonzVgV und der VgV anwenden (Anschluss an OVG Sachsen, Beschluss vom 13.10.2022 - 4 B 241/22, IBRRS 2022, 3257 = VPRRS 2022, 0252). Das gilt insbesondere dann, wenn es sich um ein gefördertes Projekt handelt und die entsprechende Anwendung der Vorschriften von KonzVgV und VgV im Zuwendungsbescheid des Fördermittelgebers gefordert wird.

IBRRS 2025, 1279

BGH, Urteil vom 26.03.2025 - VIII ZR 282/23
Zur Feststellung der nachhaltigen Einsparung von Endenergie bei einer energetischen Modernisierung der Mietsache (§ 555b Nr. 1 BGB; im Anschluss an Senatsurteil vom 26.03.2025 - VIII ZR 283/23, IMRRS 2025, 0614).*)

IBRRS 2025, 1252

KG, Urteil vom 27.02.2025 - 7 U 84/24
Eine Preisänderungsklausel ist unwirksam, wenn der Vertragspartner dem frühzeitig widersprochen hat. Dies gilt auch, wenn der Vertrag danach nicht gekündigt wurde. Dies gilt jedenfalls, wenn eine Kündigung erst zu einem Zeitpunkt mehrere Jahre später möglich gewesen wäre und zeitnah nach Ablauf der Kündigungsfrist erneut Widerspruch erhoben wurde.

Online seit 12. Mai
IBRRS 2025, 1277
BGH, Urteil vom 26.03.2025 - VIII ZR 283/23
Der Vermieter einer Wohnung kann eine Mieterhöhung gem. § 559 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. § 555b Nr. 1 BGB (energetische Modernisierung) verlangen, wenn nach dem Abschluss der zu Modernisierungszwecken vorgenommenen Arbeiten zum (ex ante-)Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung eine (allein) durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist. Dies hat der Tatrichter unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten - gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe - zu beurteilen, wobei auch auf anerkannte Pauschalwerte zurückgegriffen werden kann.*)

IBRRS 2025, 1276

BGH, Urteil vom 16.04.2025 - VIII ZR 270/22
1. Der erforderliche hinreichend substanziierte Sachvortrag des Mieters zu einer gesundheitlichen Härte i.S.v. § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB kann insbesondere - muss aber nicht stets - durch Vorlage eines (ausführlichen) fachärztlichen Attests untermauert werden (Bestätigung von Senatsurteil vom 22.05.2019 - VIII ZR 167/17, Rz. 38, IMRRS 2019, 0707 = NZM 2019, 527; Senatsbeschluss vom 13.12.2022 - VIII ZR 96/22, Rz. 21, IVR 2023, 127 = NZM 2023, 210).*)
2. Vielmehr kann im Einzelfall auch eine (ausführliche) Stellungnahme eines - bezogen auf das geltend gemachte Beschwerdebild - medizinisch qualifizierten Behandlers geeignet sein, den Sachvortrag des Mieters zu untermauern, auch wenn diese nicht von einem Facharzt erstellt worden ist. Dabei kommt es auf die konkreten Umstände, insbesondere den konkreten Inhalt des (ausführlichen) Attests an.*)

IBRRS 2025, 1237

OLG Naumburg, Urteil vom 04.03.2025 - 2 U 53/24
1. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 VOB/B eine Kündigung aus wichtigem Grund auch in Betracht, wenn der Auftragnehmer zwar keine sog. Vertragsfrist versäumt hat, aber einem wirksamen Abhilfeverlangen i.S.v. § 5 Abs. 3 VOB/B nicht nachgekommen und für den Auftraggeber das Setzen einer Nachfrist nach § 5 Abs. 4 VOB/B ausnahmsweise entbehrlich geworden ist.*)
2. Grundsätzlich ist der Auftraggeber zwar nach § 4 Abs. 1 Satz 3 VOB/B nur befugt, unter Wahrung der dem Auftragnehmer zustehenden eigenverantwortlichen Ausführung der Vertragsleistungen Anordnungen zu treffen, die zu deren vertragsgemäßer Erfüllung notwendig sind. Diese allgemeinen Befugnisse des Auftraggebers werden aber bei einer notleidenden Bauausführung durch § 5 Abs. 3 VOB/B ausdrücklich dahin erweitert, dass der Auftraggeber vom Auftragnehmer eine Änderung des bisherigen personellen und sachlichen Einsatzes im Sinne einer Aufstockung verlangen darf.*)
3. Der Umstand, dass der Auftraggeber wegen unterlassener Abhilfemaßnahmen zunächst eine - hinsichtlich des Umfangs der hiervon betroffenen Teilleistungen intransparente - Teilkündigung erklärt und hieran festgehalten hat, berechtigt den Auftragnehmer nach einem erneuten Abhilfeverlangen unter ausdrücklicher Aufführung der von der Teilkündigung nicht erfassten Teilleistungen nicht zur (Fortsetzung einer) totalen Leistungsverweigerung.*)

IBRRS 2025, 1238

OLG Naumburg, Urteil vom 17.01.2025 - 6 U 1/24
1. Zum Schadensersatzanspruch des öffentlichen Auftraggebers gegen einen Bieter nach § 180 Abs. 1 GWB.*)
2. Für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen einen Teilnehmer des Vergabeverfahrens kann sich der öffentliche Auftraggeber neben § 180 GWB auch auf die Vorschriften des allgemeinen Zivilrechts, insbesondere auf §§ 280 Abs. 1 und Abs. 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB, stützen.*)
3. In einem durch die Teilnahme an einem Vergabeverfahren begründeten vorvertraglichen Schuldverhältnis zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und einem Wirtschaftsteilnehmer obliegen den Parteien wechselseitig die Nebenpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB, welche durch die im Verfahren geltenden Vergabevorschriften konkretisiert werden. Ein Bieter, der gegen das Gebot des Geheimwettbewerbs verstößt, indem er sein Angebot in Kenntnis der Kalkulationsgrundlagen des Angebots eines Mitbewerbers erstellt und dabei dessen Preisansätze jeweils systematisch unterschreitet, verstößt auch gegen die Rücksichtnahmepflicht des § 241 Abs. 2 BGB.*)

IBRRS 2025, 1250

AG Karlsruhe, Urteil vom 24.03.2025 - 9 C 268/25
Die Zahlung der erhöhten Miete "unter Vorbehalt" stellt keine Zustimmung zur Mieterhöhung i.S.v. §§ 558, 558b BGB dar.

IBRRS 2025, 1256

AG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2024 - 95b C 72/24
1. Bei der beabsichtigten Umgestaltung der Fassade durch Anbringung eines Fassadengemäldes handelt es sich nicht um eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage gem. § 20 Abs. 4 WEG.*)
2. Wenn der Beschluss die zu gestaltende Fläche konkret und abschließend beschreibt, Auskunft zu dem Kostenrahmen gibt, zum beabsichtigten Beginn der Arbeiten, zur Frage der fachlichen Begleitung der Arbeiten und den Anforderungen an die zu verwendenden Farben, zu der Mindestdauer, vor deren Ablauf das Kunstwerk nicht entfernt werden darf, Angaben enthält, ist er hinreichend bestimmt.*)
3. Unschädlich ist das Fehlen der Beschreibung, wie das Kunstwerk nach seinem Abschluss konkret aussehen wird. Dies führt nicht zu einer Unbestimmtheit im Rechtssinne. Denn es gehört zum Wesen der Kunst, dass deren Ergebnis für den Auftraggeber nicht immer konkret vorhersehbar ist.*)

IBRRS 2025, 1264

OLG Köln, Beschluss vom 19.12.2024 - 3 U 73/24
1. Für die Abgrenzung von Kauf- und Werklieferungsverträgen einerseits und Werkverträgen andererseits kommt es darauf an, auf welcher der Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt.
2. Ein Teilrücktritt scheidet von vornherein aus, wenn die Leistung einer Vertragspartei unteilbar ist (hier bejaht für einen auf den gelieferten Batteriespeicher beschränkten Teilrücktritt).
3. Ein ordnungsgemäßes Nacherfüllungsverlangen setzt voraus, dass der Käufer dem Verkäufer die Kaufsache zwecks Untersuchung am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Verfügung stellt.

IBRRS 2025, 1209

OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.03.2025 - 3 W 10/25
Die Besorgnis der Befangenheit ist nicht gerechtfertigt, wenn der abgelehnte Richter die Zurückweisung des Antrags auf Durchführung einer Videoverhandlung gem. § 128a ZPO mit der Komplexität des Falls und der Höhe des Streitwerts begründet, weil es sich hierbei um sachliche Erwägungen handelt, die bei der Geeignetheit des Falles eine Rolle spielen.*)

Online seit 9. Mai
IBRRS 2025, 0469
OLG Zweibrücken, Urteil vom 28.03.2024 - 5 U 53/23
1. Das Bestehen eines Abrechnungsverhältnisses ändert nichts an der Beweislastverteilung ohne Abnahme des Werks, wonach der Unternehmer den Umfang und die Mängelfreiheit seiner Leistung nachzuweisen hat.
2. Ein Anspruch auf Vorschuss der Mängelbeseitigungskosten wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Besteller die Möglichkeit hat, den für die Mängelbehebung erforderlichen Geldbetrag auf andere Weise zu erlangen, z.B. durch Einbehalt ausstehenden Werklohns oder Inanspruchnahme einer Gewährleistungsbürgschaft.

IBRRS 2025, 1216

VK Westfalen, Beschluss vom 12.03.2025 - VK 1-7/25
1. Hat sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise erledigt, stellt die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat.
2. Ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung für den Fortsetzungsfeststellungsantrag ist das Vorliegen des sog. Feststellungsinteresses. Ein solches Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art und muss geeignet sein, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder zu mildern.
3. Durch die Erklärung des Antragsgegners, sich der Erledigungserklärung des Antragstellers anzuschließen, ist das Nachprüfungsverfahren beendet. Eine Umstellung von Anträgen im laufenden Nachprüfungsverfahren ist nicht mehr möglich.

IBRRS 2025, 1258

AG Brandenburg, Urteil vom 06.05.2025 - 31 C 153/24
1. Ein Vermieter kann von einem Mieter mit Behinderung nicht verlangen, dass dieser seinen Therapie-Hund nicht mehr in der angemieteten Wohnung bzw. auf der mitvermieteten Terrasse hält (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, §§ 3, 5 und 20 AGG sowie § 242 BGB).*)
2. Eine räumliche Erweiterung des Gebrauchsrechts des Mieters wird jedoch durch § 554 BGB nicht gedeckt, selbst wenn die bauliche Veränderung der Mietsache dem Gebrauch des Mieters mit Behinderung dient.*)

IBRRS 2025, 1245

EuGH, Urteil vom 03.04.2025 - Rs. C-710/23
1. Art. 4 Nrn. 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass die Offenlegung des Vornamens, des Nachnamens, der Unterschrift und der Kontaktdaten einer natürlichen Person, die eine juristische Person vertritt, eine Verarbeitung personenbezogener Daten darstellt. Der Umstand, dass die Offenlegung allein zu dem Zweck erfolgt, die Identifizierung der natürlichen Person zu ermöglichen, die befugt ist, im Namen der juristischen Person zu handeln, ist insoweit ohne Belang.*)
2. Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e in Verbindung mit Art. 86 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Rechtsprechung nicht entgegensteht, die einen Verantwortlichen, bei dem es sich um eine Behörde handelt, die das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu amtlichen Dokumenten und das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten in Einklang zu bringen hat, dazu verpflichtet, die betroffene natürliche Person vor der Offenlegung amtlicher Dokumente, die solche Daten enthalten, zu unterrichten und zu konsultieren, soweit eine solche Verpflichtung nicht unmöglich durchzuführen ist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert und daher nicht zu einer unverhältnismäßigen Einschränkung des Rechts der Öffentlichkeit auf Zugang zu diesen Dokumenten führt.*)

IBRRS 2025, 1244

BGH, Beschluss vom 16.04.2025 - VII ZR 126/23
In Fällen, in denen das mit der Berufung angefochtene Urteil durch einen Richter gefällt worden ist, der entgegen § 309 ZPO der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht beigewohnt hat, ist eine mündliche Verhandlung im Sinne von § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO geboten.*)

Online seit 8. Mai
IBRRS 2025, 0958
OLG München, Beschluss vom 23.05.2024 - 9 U 424/24 Bau
1. Will sich der Bauträger unter Verweis auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie von einem Verzugsvorwurf entlasten, hat er konkret vorzutragen, welcher seiner Arbeitsabläufe durch die Pandemie wann gestört wurde, wie lange die Störung andauerte und wie dies konkret die Fertigstellung der Arbeiten beeinflusst hat (sog. bauablaufbezogene Darlegung).
2. Der pauschale Verweis auf Personalausfälle und Lieferengpässe im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie genügt nicht, um das vermutete Vertretenmüssen des Bauträgers zu widerlegen.

IBRRS 2025, 0978

VGH Bayern, Beschluss vom 21.03.2025 - 1 ZB 24.1837
1. Ob eine Veränderung der für ein Vorhaben charakteristischen Merkmale die Identität von genehmigten und errichteten Vorhaben aufhebt, hängt vom Umfang der Abweichungen und von der Bewertung ihrer Erheblichkeit im jeweiligen Einzelfall ab. Es kommt dabei entscheidend darauf an, ob durch die Änderung Belange, die bei der ursprünglichen Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigt waren, neuerlich oder andere Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu gestellt (hier bejaht für Umnutzung eines Sägewerks zu fünf Ferienwohnungen).
2. Die Anreihung von Gebäuden entlang einer öffentlichen Verkehrsfläche reicht für eine organische Siedlungsstruktur nicht aus, sondern eine bandartige Bebauung oder eine verglichen mit einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil weniger dichte Bebauung können gerade Merkmale einer Splittersiedlung sein.

IBRRS 2025, 1230

LG Hanau, Beschluss vom 24.03.2025 - 2 S 43/24
1. Ist dem Mieter die Einsichtnahme in die Belege der Betriebskostenabrechnung bei dem Vermieter zumutbar, stellt die alleinige Aufforderung zur Übersendung von Belegkopien kein wirksames Einsichtnahmeersuchen dar. Das gilt auch dann, wenn der Vermieter freiwillig Belege übersendet.*)
2. Für die Frage, ob die Einsichtnahme bei dem Vermieter zumutbar ist, kommt es auf die Entfernung zur Mietwohnung an und nicht auf den Ort, an den der Mieter nach Mietende verzogen ist.*)

IBRRS 2025, 0473

EuGH, Urteil vom 24.10.2024 - Rs. C-347/23
Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass eine natürliche Person, die einen Hypothekendarlehensvertrag abschließt, um den Kauf einer einzelnen Wohnimmobilie zu finanzieren, die zur entgeltlichen Vermietung bestimmt ist, als „Verbraucher“ im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist, wenn sie zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Der bloße Umstand, dass diese natürliche Person mit der Verwaltung der Immobilie Einnahmen zu erzielen sucht, kann für sich genommen nicht dazu führen, dass sie nicht unter den Begriff „Verbraucher“ im Sinne dieser Bestimmung fällt.*)

IBRRS 2025, 1224

BVerfG, Beschluss vom 03.03.2025 - 1 BvR 750/23
1. Unangemessener Druck auf Parteien eines Zivilverfahrens, einen Vergleich zu schließen, kann die Besorgnis der Befangenheit begründen.
2. Ein Ablehnungsgesuch kann auch auf früher bekannte und noch nicht geltend gemachte Tatsachen gestützt werden, wenn aus der Gesamtbetrachtung mehrerer Umstände in der Summe die Besorgnis der Befangenheit hergeleitet wird.
3. Auch unzulängliche oder unsachliche Stellungnahmen des Richters zu den zum Ablehnungsgesuch führenden Vorgängen in der dienstlichen Äußerung können die Besorgnis der Befangenheit begründen.
4. Wählt der Richter in seiner dienstlichen Stellungnahme mehrfach ironische Formulierungen, die zur Sachaufklärung nichts beitragen, aber geeignet sind, das Vorbringen des Beschwerdeführers lächerlich zu machen, lässt dies auf eine mögliche Voreingenommenheit des Richters schließen.
5. Eine dienstliche Äußerung, die im Nachhinein die Motive des Richters offenlegt, kann früheres Fehlverhalten nicht ungeschehen machen. Sie kann auch den Eindruck der Voreingenommenheit nicht ohne weiteres beseitigen.

Online seit 7. Mai
IBRRS 2025, 1028
OLG Brandenburg, Urteil vom 19.03.2025 - 4 U 68/24
1. Der Werklohnanspruch des Auftragnehmers wird auch ohne Setzung einer angemessenen Abnahmefrist fällig, wenn der Auftraggeber die Abnahme endgültig verweigert.
2. Ob ein mit Pflasterarbeiten betrauter Auftragnehmer (auch) die Beseitigung eines Kontergefälles schuldet, ist durch Auslegung des Vertrags nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu ermitteln, wobei neben dem Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung insbesondere auch deren Begleitumstände und die Interessenlage der Parteien zu berücksichtigen sind.
3. Die Ausführungsvorschriften zu § 7 des Berliner Straßengesetzes über Geh- und Radwege (AV Geh- und Radwege) stellen keine das Vertragssoll bestimmenden allgemein anerkannten Regeln der Technik oder (zwingende) Normen des öffentlichen Rechts dar.
4. Die Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht ist kein Tatbestand, der die Mängelhaftung begründen kann; vielmehr befreit die Erfüllung der Prüfungs- und Hinweispflicht den Auftragnehmer (ausnahmsweise) von der verschuldensunabhängigen Mangelhaftung.

IBRRS 2025, 1214

VK Thüringen, Beschluss vom 12.03.2025 - 5090-250-4003/499
1. Die künstliche Aufspaltung von eines einheitlichen (Interims-)Beschaffungsbedarfs, sei es durch mehrere Interimsaufträge, sei es durch eine Kombination aus Vertragsverlängerungen und (neuen) Interimsaufträgen, verstößt gegen das Umgehungsverbot mit der Folge, dass die Auftragswerte zu addieren sind.
2. Es ist nicht zulässig, wenn der Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung hinsichtlich der vorzulegenden Eignungsunterlagen lediglich auf die Vergabeunterlagen verweist. Eine konkrete Verlinkung auf ein elektronisch ohne Weiteres zugängliches Dokument ist dagegen ausreichend, wenn an dem Auftrag interessierte Unternehmen durch bloßes Anklicken zu dem verlinkten Formblatt gelangen können und auf einen Blick erkennen können, welche Anforderungen an sie gestellt werden.
3. Aus dem Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz resultiert grundsätzlich die Verpflichtung, Antworten auf Bieterfragen allen Bietern zur Verfügung zu stellen.
4. Bei der Festlegung des Auftragsbeginns handelt es sich grundsätzlich um eine Vertragsbestimmung und nicht um eine Vorschrift über das Vergabeverfahren, deren Verletzung im Nachprüfungsverfahren zur Überprüfung steht. Etwas anderes gilt dann, wenn sich eine Vertragsbestimmung auf die Auftragschancen eines Bieters auswirkt (hier bejaht für eine dreitägigen Ausführungsfrist).

IBRRS 2025, 1206

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 17.03.2025 - 2-13 T 7/25
Der Streitwert einer einstweiligen Verfügung, mit der ein Beschluss ausgesetzt wird, der eine Auftragserteilung zum Gegenstand hat, ist mit mindestens 50% des Werts der Hauptsache festzusetzen, da im Regelfall mit der Aussetzung das Angebot hinfällig wird.*)

Online seit 6. Mai
IBRRS 2025, 1178
KG, Urteil vom 09.09.2022 - 21 U 1015/20
1. Beruft sich der Auftragnehmer darauf, dass der in einem Bauvertrag vereinbarte Leistungsumfang nach Vertragsschluss einvernehmlich reduziert worden sei, muss er eine solche (mündliche) Abrede darlegen und beweisen. Insoweit kommt der Vertragsurkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zu.
2. Derjenige, der sich zu seinen Gunsten auf das Vorliegen von AGB beruft, muss darlegen und beweisen, dass die Vertragsbedingungen von seinem Vertragspartner gestellt worden sind. Eine Inhaltskontrolle findet nur zu Lasten des Verwenders statt.
3. Die Bestimmung in einem Architektenvertrag, wonach es für den Beginn der Gewährleistungsfrist u.a. auf die "Schlussabnahme durch die Baubehörde" ankomme, ist sowohl in AGB als auch in einer Individualvereinbarung dahin auszulegen, dass der Zeitpunkt der Schlussabnahmebegehung gemeint ist und nicht der Zeitpunkt, zu dem die Bauaufsichtsbehörde keine Beanstandungen mehr hinsichtlich der Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften erhebt.
4. Die bloße, auf einer Verletzung der Bauüberwachungspflicht des Architekten beruhende Unkenntnis von Baumängeln löst keine sog. Sekundärhaftung aus. Die Sekundärhaftung kann vielmehr nur an die Verletzung der bestehenden Pflicht des Architekten anknüpfen, die Ursache bereits erkannter Mängel zu suchen und seinem Auftraggeber mitzuteilen.
IBRRS 2025, 1200

LG München I, Urteil vom 25.10.2024 - 14 S 2770/24
1. Auch eine teilrechtsfähige (Außen-)GbR kann sich in entsprechender Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf den Eigenbedarf eines ihrer Gesellschafter oder dessen Angehörigen berufen.
2. Die Veräußerung i.S.v. § 577a Abs. 1 BGB erfasst alle rechtsgeschäftlich veranlassten Eigentumswechsel an dem gebildeten Wohnungseigentum und somit auch die Einbringung in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
3. Fristauslösend ist die erste Veräußerung, wobei der Zeitpunkt der Vollendung des Eigentumserwerbs maßgeblich ist.

IBRRS 2025, 1205

LG Hagen, Beschluss vom 12.09.2024 - 6 OH 3/17
Selbst in einem seit fast 10 Jahren laufenden selbständigen Beweisverfahren kann der gerichtliche Sachverständige, der unklare und widersprüchliche Angaben liefert, entpflichtet werden.

Online seit 5. Mai
IBRRS 2025, 1004
OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.01.2025 - 22 U 19/24
1. Der Architekt schuldet eine Planung, die den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Dabei liegt der Mangel bereits in der Abweichung von der anerkannten Regel der Technik, der Eintritt eines Schadens ist nicht erforderlich.
2. Schadensersatzansprüche gegen einen Architekten wegen fehlerhafter Planung können zu verneinen sein, wenn der Auftraggeber sich mit der Planung und Ausführung einverstanden gezeigt hat. Das kann in der Regel nur angenommen werden, wenn der Architekt den Bauherrn zuvor über die Risiken hinreichend aufgeklärt hat (hier verneint).
3. Der Architekt ist beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Auftraggeber die Beratung also unbeachtet gelassen hätte. Es ist zu vermuten, dass der Auftraggeber im Falle hinreichender Aufklärung die (Mehr-)Kosten für die Erstellung einer den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Ausführung in Kauf genommen hätte.

IBRRS 2025, 1167

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.04.2025 - Verg 35/24
Eine Wertungsmethode, die einen individuell von jedem Bieter selbst zu bestimmenden sog. Bietungsfaktor enthält, ist wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vergaberechtswidrig.
IBRRS 2025, 1140

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.04.2025 - 3 S 318/25
Die aus einer gegenüber einem Mieter erlassenen Duldungsverfügung folgende Pflicht, die Durchsetzung der gegenüber einem Grundstückseigentümer ausgesprochenen baurechtlichen Nutzungsuntersagung hinzunehmen, gestaltet die zivilrechtliche Lage. Die Abwehransprüche des Mieters aus dem Mietvertrag und aus dem Besitz nach § 862 Abs. 1 BGB sind ausgeschlossen und dem Vermieter ist die Erfüllung der nach § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB bestehenden Pflicht zur Gebrauchsüberlassung gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich.*)

IBRRS 2025, 1190

OLG Dresden, Urteil vom 19.03.2025 - 5 U 1633/24
1. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (IBR 2005, 1021 - nur online zur Wohnraummiete und ÎBR 2005, 643 zur Geschäftsraummiete), wonach bei einer erheblichen Abweichung der tatsächlichen Mietfläche von der vertraglich vereinbarten Mietfläche zu Lasten des Mieters, für welche bei einer Flächenabweichung von 10% eine tatsächliche Vermutung spreche, ein Mietmangel i.S.v. § 536 BGB besteht, findet nur dann Anwendung, wenn die Angabe der Mietfläche im Vertrag der Festlegung der Sollbeschaffenheit des Mietobjekts dient und nicht lediglich dessen Beschreibung.*)
2. Unabhängig von der Festlegung einer bestimmten Größe des Mietobjekts als Sollbeschaffenheit ist im Falle einer vertraglichen Mietpreisabrede dahin, dass die Miethöhe einen bestimmten Betrag je Quadratmeter betragen soll (echte Quadratmetermiete), die geschuldete Miete anhand der tatsächlichen Quadratmeter des Mietobjekts zu berechnen.*)

IBRRS 2025, 1189

OLG Celle, Urteil vom 17.04.2025 - 2 U 148/24
1. Eine unbefugte Gebrauchsüberlassung liegt vor, wenn der Mieter von Räumlichkeiten zum Betrieb eines Hotels der gehobenen Mittelklasse (Garni) sämtliche Zimmer des Hotels ohne Zustimmung des Vermieters einer Kommune auf der Grundlage eines Beherbergungsvertrags zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung stellt.*)
2. Die unbefugte Gebrauchsüberlassung rechtfertigt sowohl eine Kündigung auf der Grundlage von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB als auch auf der Grundlage von § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB.*)
3. Nach Wirksamwerden einer Kündigung besteht eine Auskunftspflicht des Mieters hinsichtlich der gezogenen Nutzungen.*)
4. Ein Anspruch auf Nutzungsersatz scheidet nicht wegen Vorhandenseins eines Rechtsirrtums über die Berechtigung zur fristlosen Kündigung aus.*)
5. § 721 ZPO ist nicht auf Räumungsurteile anwendbar, die ein gewerbliches Mietverhältnis betreffen.*)

Online seit 2. Mai
IBRRS 2025, 0997
KG, Urteil vom 26.07.2024 - 7 U 15/24
1. Die Höhe der Sicherheitsleistung nach § 709 Satz 1 ZPO für die vorläufige Vollstreckbarkeit der Verurteilung zur Stellung einer Bauhandwerkersicherheit gem. § 650f BGB ist anhand der schätzweisen Kosten der Sicherheitenstellung bezogen auf die voraussichtliche Dauer des Rechtsmittelverfahrens zu bestimmen.*)
2. Der danach denkbar erstattungsfähige Schaden bemisst sich somit anhand der Kosten der Stellung einer Bürgschaft (Avalzinsen, geschätzt mit 5% der Sicherungssumme) für die typisierte Dauer eines Berufungsverfahrens (vorliegend, da es sich um überschaubare Sachverhalte handeln dürfte: zwei Jahre), d.h. geschätzt 10% der Sicherungssumme.*)

IBRRS 2025, 1181

BGH, Urteil vom 10.04.2025 - III ZR 431/23
1. Der Tatrichter muss nach pflichtgemäßem Ermessen beurteilen, ob bei der Schadensschätzung nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestschadens möglich ist, und darf eine solche Schätzung erst dann gänzlich unterlassen, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre.
2. Einwendungen gegen ein Gerichtsgutachten können auch in zweiter Instanz unter Bezugnahme auf ein Privatgutachten erhoben werden, wenn die Partei in erster Instanz nicht verpflichtet war, solche Einwendungen vorzubringen.

Online seit 30. April
IBRRS 2025, 1006
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.03.2025 - 22 U 106/24
1. Eine Klausel, die die Fälligkeit des Übereignungsanspruchs von der Zahlung des "gesamten Kaufpreises" abhängig macht, benachteiligt den Erwerber unangemessen und ist deshalb unwirksam.
2. Der Bauträger verhindert treuwidrig den Eintritt der Fälligkeit des Übereignungsanspruchs, wenn er durch mangelhafte Leistung die Ursache dafür setzt, dass der Kaufpreis nicht vollständig gezahlt wird. In diesem Fall kann die Übereignung nicht wegen eines offenen Anspruchs auf Restkaufpreiszahlung verweigert werden.
3. Jedenfalls wenn ein Mangel feststeht, kann der Erwerber nicht darauf verwiesen werden, als Voraussetzung der Eigentumsübertragung Sicherheit leisten zu müssen.

IBRRS 2025, 1163

EuGH, Urteil vom 29.04.2025 - Rs. C-452/23
Art. 43 Abs. 1 c Richtlinie 2014/23/EU ist dahin auszulegen, dass
- unter den in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen eine Konzession auch dann ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens geändert werden kann, wenn sie ursprünglich ohne Ausschreibung an eine In-House-Einrichtung vergeben wurde und ihr Gegenstand zu einem Zeitpunkt geändert wird, zu dem der Konzessionsnehmer keine In-House-Einrichtung mehr ist;
- er die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, sicherzustellen, dass die nationalen Gerichte inzident und auf Antrag die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Vergabe einer Konzession anlässlich einer Klage auf Nichtigerklärung einer Änderung der Konzession überprüfen, wenn die Klage nach Ablauf aller Fristen, die im nationalen Recht in Anwendung von Art. 2f Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU geänderten Fassung für die Anfechtung dieser ursprünglichen Vergabe vorgesehen sind, von einem Wirtschaftsteilnehmer erhoben wird, der ein Interesse daran nachweist, dass allein der Teil dieser Konzession, der Gegenstand der Änderung ist, an ihn vergeben wird;
- die Änderung einer Konzession i.S.v. Art. 43 "erforderlich wurde", wenn unvorhersehbare Umstände eine Anpassung der ursprünglichen Konzession erfordern, um sicherzustellen, dass sie weiterhin ordnungsgemäß ausgeführt werden kann.
IBRRS 2025, 1162

LG Berlin II, Beschluss vom 04.09.2024 - 64 S 281/22
Setzt der Vermieter die seiner Eigenbedarfskündigung zu Grunde gelegte Absicht, selbst in die Wohnung einzuziehen, nach Auszug des Mieters nicht um, so hat er stimmig darzulegen, aus welchen Gründen der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein soll. Dazu genügt es nicht, auf Verzögerungen durch erforderliche Umbaumaßnahmen und die sich anschließende Corona-Pandemie zu verweisen, die im Sinne eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Aufgabe jeglicher Umzugspläne rechtfertigen könne. Vielmehr ist darzulegen, welche konkreten Planungen und tatsächlichen Vorbereitungen es zur Umsetzung des behaupteten Eigenbedarfs gab. Ohne die Darlegung konkreter Planungen lässt sich nicht feststellen, dass, weshalb und wie genau sich die Pläne des Vermieters überhaupt geändert haben (Anschluss/Umsetzung BGH, Beschluss vom 11.10.2016 - VIII ZR 300/15, IMR 2017, 9; BGH, Urteil vom 18.05.2005 - VIII ZR 368/03, IMR 2007, 1122 - nur online).*)
