OVG Niedersachsen, Beschluss vom 17.01.2022 - 1 ME 142/21
1. Gegenstand der mit der Baugenehmigung verbundenen Feststellungsentscheidung ist die Vereinbarkeit mit dem gesamten öffentlichen Baurecht auch insoweit, als die materielle Prüfungskompetenz bzw. Prüfungspflicht nicht bei der Bauaufsichtsbehörde, sondern bei einer anderen Behörde liegt, die die Bauaufsichtsbehörde nicht bloß im Innenverhältnis unterstützt, sondern gegenüber dem Bauherrn eine eigenständige Genehmigungsentscheidung trifft. In diesem Fall bedarf es vor Erteilung der Baugenehmigung zwingend der bauaufsichtlichen Feststellung, dass die erforderliche weitere Genehmigung vorliegt, weil erst dann die Voraussetzungen erfüllt sind, die das öffentliche Baurecht an die Rechtmäßigkeit des Vorhabens stellt. Es gilt die „Schlusspunkttheorie“ (im Anschluss an Senatsurteil vom 30.04.2014, IBR 2014, 1282 - nur online).*)
2. Erteilt die Bauaufsichtsbehörde eine Baugenehmigung, obwohl eine erforderliche weitere Genehmigung fehlt, führt dies zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung. Nachbarrechte verletzt die Baugenehmigung (nur) dann, wenn die fehlende Genehmigung ihrerseits dem Schutz von Nachbarrechten dient (hier bejaht) (Senatsurteil vom 30.04.2014, IBR 2014, 1282 - nur online).*)
3. Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde ist es deshalb, die Erteilung der nach öffentlichem Baurecht erforderlichen Genehmigungen zu überwachen und erst im Anschluss die mit der Baugenehmigung verbundene Feststellung zu treffen sowie die Baufreigabe zu erteilen.*)
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