OLG Bremen, Urteil vom 09.12.2022 - 4 U 20/21
1. Eine Individualvereinbarung und keine Allgemeine Geschäftsbedingung liegt vor, wenn zwischen den Parteien Verhandlungen stattgefunden haben, bei denen beide Parteien die Möglichkeit hatten, ihre Prioritäten deutlich zu machen, bei denen verschiedene Vertragsteile zueinander ins Verhältnis gesetzt wurden und die in Rede stehende vorformulierte Klausel letztlich abgeändert worden ist.*)
2. Ein Vertragsstrafeversprechen, das für den Fall des Verzugs der Übergabe einer erst noch zu errichtenden Gewerbeimmobilie die Verwirkung einer täglichen Summe vorsieht, ist auch ohne Vereinbarung einer Obergrenze zulässig. Es muss jedoch im Einzelfall geprüft werden, ob eine zeitliche Grenze erreicht ist, jenseits derer sich das Verlangen nach Fortzahlung der Vertragsstrafe nach § 242 BGB als treuwidrig erweisen würde (im Anschluss an BGH, IBR 2003, 1112 - nur online).*)
3. Das Recht auf Herabsetzung der Vertragsstrafe setzt nach § 343 BGB voraus, dass die verfallene Vertragsstrafe unverhältnismäßig hoch ist. Für die Angemessenheit der Strafe sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere Schwere, Art und Ausmaß der Zuwiderhandlung, Grad des Verschuldens, die wirtschaftliche Lage des Schuldners, die Funktion der Strafe als Druck- und Sicherungsmittel und dass diese den Gläubiger im Falle der Zuwiderhandlung von der Notwendigkeit des Schadensnachweises entheben soll. Allein das Fehlen eines Schadens rechtfertigt die Herabsetzung der Strafe nicht. Entscheidend ist, welchen Schaden der Vertragsbruch hätte herbeiführen können.*)