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IBRRS 2019, 1843
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Auf förmliche Abnahme kann konkludent verzichtet werden!

OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2018 - 22 U 93/18

1. Unwesentlich i. S. v. § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB ist ein Mangel, wenn es dem Auftraggeber zumutbar ist, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen und sich mit den sonstigen Mängelrechten zu begnügen. Dies ist - unter ergänzender Berücksichtigung von § 242 BGB - anhand von Art und Umfang des Mangels sowie seiner konkreten Auswirkungen nach den Umständen des Einzelfalls unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu beurteilen, auf Seiten des Auftraggebers sowohl objektiv anhand der Verkehrsauffassung über die Bedeutung des in Rede stehenden Mangels bzw. seiner Wirkung auf die Gebrauchstauglichkeit als auch subjektiv anhand des konkreten Interesses an einem insoweit mangelfreien Werk und auf Seiten des Auftragnehmers anhand des Aufwandes für die Mängelbeseitigung und eines etwaigen Verschuldens. Bei einer Mehrzahl von Mängeln kann jeder für sich zwar unwesentlich sein, indes die notwendige Gesamtschau zur Annahme einer Wesentlichkeit der Mängel führen.*)

2. Ist eine förmliche Abnahme vereinbart, kann sich der Auftragnehmer zwar im Regelfall nicht auf eine konkludente Abnahme durch den Auftraggeber stützen. Die Parteien können jedoch im Einzelfall auf eine vereinbarte förmliche Abnahme einvernehmlich verzichten. Ein solcher Verzicht kann insbesondere darin liegen, dass der Auftragnehmer die Schlussrechnung stellt und der Auftraggeber die fertige Bauleistung in Benutzung nimmt, ohne dass eine der Parteien dabei deutlich macht, dass sie noch auf die vereinbarte förmliche Abnahme zurückkommen will, wobei unerheblich ist, ob sich die Parteien der Tatsache bewusst waren, dass eine förmliche Abnahme eigentlich vorgesehen war oder ob sie das nur vergessen haben.*)

3. Eine fiktive Abnahme gemäß § 12 Abs. 5 VOB/B ist zwar durch die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme grundsätzlich ausgeschlossen. Es ist indes zwischen einer fiktiven (d.h. gesetzlich fingierten) und einer konkludenten (d.h. stillschweigenden) Abnahme (in Gestalt eines sog. Erklärungsverhaltens) und - davon nochmals zu trennen - einem konkludenten (d.h. stillschweigenden) Verzicht auf eine eigentlich vereinbarte förmliche Abnahme.*)

4. Ein regelmäßig anzunehmender Ausschluss einer fiktiven Abnahme durch die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme ändert nichts daran, dass auf eine eigentlich vereinbarte förmliche Abnahme unter Berücksichtigung entsprechender Umstände des Einzelfalles durchaus konkludent (im Sinne eines Erklärungsverhaltens) verzichtet werden kann und dann - nach Eintritt der Abnahmereife - die Annahme einer konkludenten Abnahme statthaft ist.*)

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