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IBRRS 2021, 1858
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Vorhaben grenzt an Natura 2000-Gebiet: FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich!

VGH Hessen, Beschluss vom 12.05.2021 - 3 B 370/21

1. § 34 Abs. 8 BNatSchG findet keine Anwendung auf Vorhaben, die den Festsetzungen eines "alten Bebauungsplans" entsprechen, der noch ohne habitatschutzbezogene Prüfungen aufgestellt wurde. Gleiches hat, um das Vorsorgeprinzip der arten- und habitatschutzrechtlichen Vorschriften nicht zu umgehen, für den Fall zu gelten, dass auf der Ebene der Bauleitplanung eine entsprechende Prüfung nur unvollständig durchgeführt wurde.*)

2. Gem. § 34 Abs. 1 BNatSchG, der Art. 6 Abs. 3 der FFH-RL umsetzt, sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen.*)

3. Pläne oder Projekte können im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL das Gebiet erheblich beeinträchtigen, "wenn sie drohen, die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden" (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20/05, IBRRS 2007, 2732, unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 07.09.2004 - Rs. C-127/02.*)

4. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist mithin erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können, also zumindest vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.09.2011 - 7 C 21/09).*)

5. Den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL ist nur genügt, wenn eine Verträglichkeitsprüfung auf der Grundlage aktueller und verlässlicher Angaben über das Inventar der Lebensraumtypen und Arten (vgl. EuGH, Urteil vom 11.09.2012 - Rs. C-43/10) sämtliche Auswirkungen des jeweiligen Vorhabens in den Blick nimmt und unter Einbezug der besten wissenschaftlichen Erkenntnisse darauf überprüft, ob sie sich nachteilig auf das betreffende Gebiet auswirken können.*)

6. Sowohl ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag als auch eine FFH-Vorprüfung müssen für das Gericht nachvollziehbar und schlüssig hinsichtlich ihrer Ausführungen zum Prüfbereich und zu dem Untersuchungsgebiet sein (vgl. VGH Hessen, Beschluss vom 14.01.2021 - 9 B 2223/20, IBRRS 2021, 1864).*)

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