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IBRRS 2024, 0715
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Arbeitnehmerüberlassung bedarf der Schriftform!

OLG Schleswig, Urteil vom 04.04.2023 - 12 U 3/23

1. Bei einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung ist das Vertragsverhältnis der Parteien nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG unwirksam und sind die wechselseitig empfangenen Leistungen nach Bereicherungsrecht zurückzugewähren.*)

2. In Abgrenzung zu einem Dienst- oder Werkvertrag liegt eine Arbeitnehmerüberlassung vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen (vgl. dazu im Einzelnen: OLG Schleswig, Urteil vom 29.05.2019 - 12 U 102/18, IBRRS 2019, 4242).*)

3. Für eine ordnungsgemäße Arbeitnehmerüberlassung ist gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis erforderlich. Diese entfaltet zudem gem. § 1 Abs. 1 Sätze 5, 6 AÜG ihre legalisierende Wirkung nur dann, wenn die Vertragsbeziehung und der konkrete Personaleinsatz ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet werden.*)

4. Rechtsfolge des Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG ist die Unwirksamkeit des Vertrags zwischen den Parteien wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot, sodass der Kläger nicht die vereinbarte Vergütung verlangen kann, sondern lediglich Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Beklagten geltend machen kann (OLG Schleswig, a.a.O., unter Verweis auf BGH, Urteil vom 18.07.2000 - X ZR 62/98, IBRRS 2000, 1894; BeckOK Arbeitsrecht – Motz, 66. Aufl., AÜG § 12, Rn. 17).*)

5. Erfüllt zudem ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nicht die Voraussetzungen der Schriftform, was hier der Fall sein dürfte, ist der Vertrag im Zweifel ebenfalls insgesamt nichtig, §§ 125, 139 BGB (vgl. BeckOK Arbeitsrecht – Motz, 66. Aufl., AÜG § 12, Rn. 14). In einem solchen Fall erfolgt die Rückabwicklung auch nach Bereicherungsrecht.*)

6. Bei einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung liegt die Bereicherung des Beklagten in den Vergütungsaufwendungen, die er erspart hat, indem er die Arbeitnehmer nicht selbst beschäftigt hat (ebenso OLG Schleswig, a.a.O.).*)

7. Dem Zahlungsanspruch steht nicht entgegen, dass der Beklagte sich auf Erfüllung durch Zahlung der Bauabzugssteuer oder ein Zurückbehaltungsrecht wegen fehlender Freistellungsbescheinigung gemäß § 48b EStG berufen hat, da es hier nicht um Bauleistungen, sondern um Arbeitnehmerüberlassung geht (so bereits OLG Schleswig, a.a.O.).*)

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