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IBRRS 2017, 2423; IMRRS 2017, 0984; IVRRS 2017, 0378
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Kindertagesstätten sind im reinen Wohngebiet zulässig!

VGH Hessen, Beschluss vom 25.02.2017 - 3 B 107/17

1. Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO sind in einem reinen Wohngebiet auch Anlagen zur Kinderbetreuung zulässig, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. Bei der Definition des Begriffs "Bewohner" ist dabei nicht auf die gegenwärtige persönliche Lebenssituation der in diesem Gebiet ansässigen Grundstückseigentümer abzustellen, sondern auf die objektive Bewohnbarkeit der Grundstücke des Gebiets.*)

2. Das "Gebiet" im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO muss sich nicht mit dem konkret festgesetzten oder aufgrund von § 34 Abs. 2 BauGB anzunehmenden Baugebiet decken. Der baurechtlich zulässige Einzugsbereich einer Kinderbetreuungseinrichtung ist auch nicht auf das konkrete Wohngebiet, in dem sie liegt, beschränkt. Das gilt dann nicht, wenn ihr räumlicher Bezugsrahmen gemessen an der Anzahl der geplanten oder eingerichteten Kinderbetreuungsplätze weit über die Bedürfnisse des Wohngebiets hinaus reicht, in dem die Einrichtung liegt. In diesem Falle kann die Kinderbetreuungseinrichtung in einem reinen Wohngebiet als Anlage für soziale Zwecke gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig sein.*)

3. Gebietserhaltungsanspruch ist darauf beschränkt, Vorhaben zu verhindern, die weder regelmäßig noch ausnahmsweise in einem Baugebiet zulässig sind. Wenn die Zulassung eines Vorhabens in einem faktischen reinen Wohngebiet im Wege der Ausnahme objektiv rechtmäßig ist, kann ein Gebietserhaltungsanspruch nicht verletzt sein. Die Nachbarrechte sind in diesem Falle durch Anwendung des Gebots der Rücksichtnahme ausreichend gewahrt.*)

4. Nach § 22 Abs. 1a Satz 1 BImSchG sind Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen und damit keine unzumutbaren Belästigungen oder Störungen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO.*)

5. Probleme, die sich aus der Verteilung knappen öffentlichen Straßenraums auf verschiedene Verkehrsteilnehmer ergeben, sind vorrangig mit den Mitteln des Straßenverkehrsrechts zu lösen. Das Recht eines Grundstückseigentümers auf bestimmungsgemäße Nutzung seines Grundstücks begründet grundsätzlich kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann in diesem Zusammenhang nur dann angenommen werden, wenn die bestimmungsmäßige Nutzung des eigenen Grundstücks nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich ist.*)

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