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IBRRS 2022, 2378
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Straßen können sowohl trennen als auch verbinden!

OVG Saarland, Beschluss vom 03.08.2022 - 2 A 109/22

1. An das Vorhabengrundstück angrenzende Verkehrsflächen gehören grundsätzlich selbst nicht zur "näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, weil sie für eine Bebauung nicht zur Verfügung stehen und daher keine die Art der Bebauung "prägende" Bedeutung haben (können).*)

2. Straßen - zumal Hauptstraßen - können je nach den örtlichen Gegebenheiten des Einzelfalls bei der Gebietsbestimmung sowohl eine trennende also auch eine verbindende Wirkung haben (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 11.02.2000 - 4 B 1.00 -, BRS 63 Nr. 102). Hier gelten dieselben Grundsätze wie bei der Abgrenzung der Ortslage vom Außenbereich. Ob Verkehrswege geeignet sind, einen Bebauungszusammenhang herzustellen oder - insbesondere hinsichtlich einer wechselseitigen Prägung unterschiedlicher Nutzungen auf zwei Seiten einer Straße - eine trennende Funktion erfüllen, kann nur das Ergebnis einer Bewertung des konkreten Sachverhalts sein (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10.03.1984 - 4 B 50.94 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 165, zur gebotenen Einzelfallbetrachtung beispielsweise auch OVG Saarland, Beschluss vom 06.04.2016 - 2 A 148/15 -, IBRRS 2016, 1000).*)

3. Bei der Abgrenzung der maßgeblichen näheren Umgebung eines Baugrundstücks in nicht beplanter Ortslage (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) wie auch bei der Beurteilung des Charakters faktischer Baugebiete auf dieser Grundlage rechtfertigt der Umstand, dass die Abgrenzung wie auch die Einordnung der maßgeblichen Umgebungsbebauung nach ihrer Nutzungsart in aller Regel die Verschaffung eines eigenen Eindrucks von den örtlichen Gegebenheiten voraussetzt und daher von einem Rechtsmittelgericht regelmäßig nicht abschließend nur auf Grund der Aktenlage vorgenommen werden kann, nicht bereits die Annahme, das auf einer Ortsbesichtigung beruhende Ergebnis einer solchen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterläge ernstlichen Zweifeln hinsichtlich seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).*)

4. Hat sich das Verwaltungsgericht einen eigenen Eindruck von den baulichen und sonstigen Gegebenheiten vor Ort verschafft und eine nach den Maßstäben der Rechtsprechung nachvollziehbare Bewertung vorgenommen, so kommt eine Zulassung der Berufung gegen seine Entscheidung nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur in Betracht, wenn das Antragsvorbringen besondere Aspekte des Falles aufzeigt, die eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses rechtfertigen können.*)

5. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und der Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) gebieten keine abweichende Interpretation des Zulassungstatbestands im § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, insbesondere keine Beweisaufnahme im Rahmen eines Zulassungsverfahrens (vgl. etwa OVG Saarland, Beschlüsse vom 17.01.2022 - 2 A 281/21 -, IBRRS 2022, 2377, vom 18.09.2020 - 2 A 228/20 -, ZAP EN-Nr. 491/2020 = IBRRS 2020, 2966, oder vom 20.06.2012 - 2 A 411/11 -, BeckRS 2013, 47378).*)

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