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IBRRS 2018, 1977; IMRRS 2018, 0718
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Haftet der Vermieter für asbesthaltige Fußbodenplatten?

LG Berlin, Urteil vom 17.01.2018 - 18 S 140/16

1. Eine in die Lunge eingedrungene Asbestfaser erhöht zwar das Risiko, asbestbedingt zu erkranken, führt jedoch für sich genommen noch nicht zu einem Gesundheitsschaden, nämlich einer medizinisch erheblichen Störung der Lebensvorgänge (Anschluss an LG Dresden, Urteil vom 25.02.2011 - 4 S 73/10 = IMRRS 2011, 3276).*)

2. War die im Jahr 1980 vermietete Wohnung mit asbesthaltigen "Floor-Flex" Fußbodenplatten ausgestattet, so haftet der Vermieter auch dann nicht nach § 536a Abs. 1 1. Alt. BGB wegen eines anfänglichen Mangels der Wohnung auf Schadensersatz, wenn asbesthaltige Fliesen in Folge des Zuschnitts offene Schnittkanten aufwiesen und sich in der Bauphase freigesetzte Asbestfasern in der Luft oder am Boden der besenrein übergebenen Wohnung befanden. Eine solche Belastung der Wohnung unterfiel angesichts des damaligen Stands der Wissenschaft und des Bauwesens dem allgemeinen Lebensrisiko. Die Wohnung ist nicht deswegen - rückwirkend - als mangelhaft zu qualifizieren, weil die Verwendung asbesthaltiger Baustoffe später aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse verboten wurde (Anschluss an BayObLG, 04.08.1999 - RE-Miet 6/98).*)

3. Die Inkraftsetzung der Asbest-Richtlinie musste dem Vermieter einer mit asbesthaltigen "Floor-Flex"-Fußbodenplatten ausgestatteten Wohnung keinen Anlass zu Sanierungsmaßnahmen geben, denn Asbestfasern in Fußbodenplatten sowie in entsprechendem Kleber sind nicht im Sinne der Richtlinie schwach gebunden. Eine Schadensersatzhaftung des Vermieters nach § 536a Abs. 1 BGB wegen Verzugs mit der Beseitigung eines Mangels oder eine Minderung der Miete wegen einer Asbestbelastung der Wohnung scheiden daher aus, so lange Bodenplatten und Kleber unbeschädigt waren oder der Vermieter mangels Anzeige entsprechender Schäden jedenfalls i.S.d. § 536c Abs. 2 BGB keinen Anlass hatte, Sanierungsmaßnahmen einzuleiten. Die Asbest-Richtlinie begründete keine Pflicht des Vermieters, die Wohnung auch ohne Anzeige entsprechender Mängel anlasslos daraufhin zu untersuchen, ob sich Fußbodenplatten gelöst hatten oder gebrochen waren.*)

4. Eine Schadensersatzhaftung des Vermieters wegen durch Asbestfasern bereits eingetretener oder zukünftig drohender Gesundheitsschäden kommt aus positiver Vertragsverletzung/nach §§ 280, 241 BGB - und deckungsgleich nach § 823 BGB wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht - dann in Betracht, wenn er den Mieter erst im Jahr 2013 auf die von den asbesthaltigen Materialien ausgehenden Gesundheitsgefahren hinwies und der Mieter in Unkenntnis der Gefahren schon zuvor selbst ohne ausreichende Schutzvorkehrungen zerbrochene Fußbodenplatten herausgerissen und entsorgt hatte.*)

5. Eine Haftung des durch Erwerb des Grundstücks nach § 566 BGB in das Mietverhältnis eingetretenen Vermieters für immaterielle Schäden, für die der ursprüngliche Vermieter auf Grund einer vor Einführung des § 253 BGB begangenen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten nach §§ 823, 847 BGB einzustehen hat und die vor dem Eigentumsübergang entstanden sind, scheidet aus, da ein solcher Schadensersatzanspruch des Mieters nicht auf dem Mietverhältnis beruht.*)

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