IBRRS 2024, 1230
Entscheidung im Volltext
Wohnraummiete
Kann mit Schadensersatzanspruch gegen Kautionsrückzahlungsanspruch aufgerechnet werden?

LG Lübeck

Urteil

vom 28.03.2024

14 S 117/22


BGB § 281 Abs. 1, 2, §§ 387, 389, 548 Abs. 2, §§ 812, 823 Abs. 2
1. Die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB gilt auch für Ansprüche, die wirtschaftlich an die Stelle des in § 548 Abs. 2 BGB genannten Erfüllungsanspruchs treten.
2. Bevor der Vermieter Dübellöcher selbst beseitigen kann, muss er zuvor dem Mieter erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben.
3. Der Aufrechenbarkeit der gegenseitigen Ansprüche (hier: Rückzahlung der Kaution und Schadensersatansprüche des Vermieters) steht nicht entgegen, dass der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Mietkaution erst nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist des Vermieters fällig wird. Denn § 387 BGB verlangt für das Vorliegen einer Aufrechnungslage lediglich, dass der Aufrechnende die ihm obliegenden Leistungen bewirken kann, seine Leistung mithin erfüllbar ist. Fälligkeit der Leistung des Aufrechnenden, also das Recht des Gläubigers, diese Leistung zu verlangen, ist keine Voraussetzung für eine Aufrechnungslage.
4. Einer Aufrechnungslage steht auch nicht entgegen, dass der Vermieter nicht innerhalb der Verjährungsfrist nach § 548 Abs. 1 BGB gegenüber dem Mieter sein Schadensersatzbegehren zum Ausdruck gebracht hat. Dies führt nicht dazu, dass sich die gegenseitigen Ansprüche der Parteien nicht unverjährt i.S.v. § 215 BGB gegenübergestanden hätten (entgegen LG Berlin, IMR 2024, 96, und KG, IMR 2020, 206).
LG Lübeck, Urteil vom 28.03.2024 - 14 S 117/22 (nicht rechtskräftig)
vorhergehend:
AG Schwarzenbek, 03.11.2022 - 43 C 255/21



Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Schwarzenbek vom 03.11.2022, Az. 43 C 255/21, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger EUR 2.232,07 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 1.257,07 seit 27.2.2021 und aus EUR 975,00 seit 16.6.2022 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) EUR 220,27 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20.4.2021 zu zahlen.

3. Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Berufung und die Anschlussberufung zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger 51%, der Beklagte 49%. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Kläger 66%, der Beklagte 34%.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird zugelassen, soweit das Urteil die Aufrechnung des Beklagten zum Gegenstand hat.


Beschluss

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis EUR 7.000,00 festgesetzt.


Gründe:

I.

Die Parteien streiten über Ansprüche nach der Beendigung eines Mietverhältnisses.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Schwarzenbek vom 3.11.2022.

Das Amtsgericht hat der Klage i.H.e. Betrags von EUR 3.582,07 teilweise stattgegeben und die Klage und die Widerklage im Übrigen abgewiesen. Zugunsten der Klägerseite hat es einen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution in Höhe von EUR 3.975,00 bejaht und ein teilweises erlöschen bis auf einen Betrag i.H.v. EUR 1.257,07 aufgrund der nachfolgend aufgeführten Gegenansprüche des Beklagten angenommen. Weiterhin hat es den von den Klägern mit EUR 2.941,18 bezifferten Schadensersatzanspruch für eine Zaunanlage mit einem Betrag i.H.v. EUR 1.350,00 und einen Anspruch auf Rückzahlung der Betriebskostenvorauszahlungen für den Zeitraum Oktober 2019 bis April 2020 i.H.v. EUR 975,00 angesetzt.

Einen Anspruch der Kläger auf Rückzahlung überzahlter Miete für Oktober 2019 i.H.v. EUR 615,00 hat es den Klägern aufgrund einer Verrechnungsvereinbarung mit dem Beklagten nicht zugestanden.

Abgezogen hat es teilweise von dem Beklagten vorgebrachte Gegenansprüche:

Einen Gegenanspruch des Beklagten i.H.v. EUR 5.432,35 wegen Maler- und Reparaturarbeiten (Anlage B2) hat das Amtsgericht anteilig i.H.v. EUR 1.249,50 berücksichtigt, soweit Kosten für die Reparatur der Wange der Kücheninsel (Anlage B2, Position 3) und den Austausch der Brandschutzdämmplatten (Anlage B2, Position 5) angefallen sind. Im Übrigen hat es Ansprüche des Beklagten insbesondere aufgrund einer fehlenden Fristsetzung zur Nacherfüllung abgelehnt. Hinsichtlich des mit Position 4 geltend gemachten Schadensersatzanspruchs aufgrund einer Schimmelbeseitigung im Abstellraum hat es einen Anspruch des Beklagten mit dem Argument abgelehnt, der Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen, welcher Schaden im Abstellraum vorhanden gewesen sein soll und inwiefern die Kläger dafür verantwortlich gewesen sein sollten.

Einen Gegenanspruch des Beklagten i.H.v. EUR 392,70 wegen Farbanpassungsarbeiten (Anlage B11) hat das Amtsgericht aufgrund einer fehlenden Fristsetzung des Beklagten zur Nacherfüllung und darüber hinaus aufgrund mangelnder Notwendigkeit i.S.v. § 249 Abs. 2 BGB abgelehnt.

Einen Gegenanspruch des Beklagten i.H.v. EUR 559,00 wegen der Reparatur der Küchenrückwand (Anlage B12) hat das Amtsgericht in voller Höhe angesetzt, weil Bohrungen durch die Zeugenvernehmung bestätigt worden seien und die Klägerseite die getroffenen Feststellungen nicht substantiiert bestritten habe.

Einen Gegenanspruch des Beklagten i.H.v. EUR 909,43 für den Austausch des Bodenbelags hat das Amtsgericht in voller Höhe mit der Begründung angesetzt, spielende Kinder auf dem Boden mit Sand und Steinen entsprächen nicht dem vertragsgemäßen Gebrauch.

Den von dem Beklagten im Wege der Widerklage geltend gemachten Mietausfallschaden für den Monat Mai 2020 i.H.v. EUR 1.525,00 hat das Amtsgericht nicht angesetzt, weil der Beklagten nicht nachgewiesen habe, dass er ab 1.5.2020 einen Nachmieter gehabt hätte. Im Übrigen sei der Anspruch verjährt.

Mit der Berufung wendet der Beklagte im Wesentlichen ein, das Amtsgericht habe zu Unrecht eine Fristsetzung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verlangt. Hinsichtlich einzelner Schadensposten habe der Beklagte hinreichend substantiiert zu einer nicht hinzunehmenden Abnutzung der Wohnung vorgetragen. Zudem habe das Amtsgericht verkannt, dass die Kläger eine Schimmelbildung im Übergabeprotokoll anerkannt hätten. Den ursprünglich mit der Widerklage verfolgten Mietausfallschaden macht der Berufungskläger im Berufungsverfahren im Wege einer Aufrechnung geltend und meint, das Amtsgericht hätte den von der Beklagtenseite benannten Mietinteressenten als Zeugen hören müssen.

Etwaige Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus § 548 Abs. 2 BGB seien verjährt.


Der Berufungskläger beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Schwarzenbek vom 3.11.2022, Aktenzeichen 43 C 255/21 abzuändern und die Klage abzuweisen.


Die Berufungsbeklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung,

das Urteil des AG Schwarzenbek vom 3.11.2022 zu dem Az. 43 C 255/21 wird abgeändert und der Beklagte verurteilt,

1. an die Kläger 5.848,19 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.873,19 Euro ab 27.02.2021 und aus 975,00 Euro ab 16.06.2022 zu zahlen.

2. an die Klägerin zu 1. vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 527,00 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.04.2021 zu zahlen.


Der Berufungskläger beantragt,

die Anschlussberufung der Kläger vom 1.2.2023 zurückzuweisen.


Die Kläger wenden gegen das amtsgerichtliche Urteil ein, das Amtsgericht habe die Aussage des Zeugen ... bezüglich des Umfangs der Rechnung für den Zaun nicht vollständig gewürdigt. Die Rechnung enthalte die Kosten für ein Tor, das tatsächlich für den Beklagten verbaut worden sei. Dieser Betrag sei nach § 812 BGB von dem Beklagten zu erstatten. Der Zahlungsanspruch der Kläger hinsichtlich der Errichtung des Zauns werde überdies nunmehr darauf gestützt, dass die Beklagtenseite darüber getäuscht habe, dass die Klägerseite de facto die gesamten Kosten für die Errichtung übernommen habe, obwohl eigentlich Kostenteilung vereinbart worden sei. Insofern bestünde ein Anspruch der Kläger aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit strafrechtlichen Betrugstatbeständen. Sie sind ferner der Auffassung, das Amtsgericht habe § 215 BGB zu Unrecht angewandt, weil sich Ansprüche der Parteien zu keinem Zeitpunkt unverjährt gegenübergestanden hätten.


II.

Auf die zulässige und teilweise begründete Berufung des Beklagten war das Urteil des Amtsgerichts Schwarzenbek teilweise abzuändern und neu zu fassen (1.). Die zulässige Anschlussberufung war zurückzuweisen (2.).

1. Auf die zulässige Berufung war das Urteil des Amtsgerichts Schwarzenbek in Teilen abzuändern und dahingehend neu zu fassen, dass die Kläger von dem Beklagten einen Betrag i.H.v. EUR 2.232,07 zzgl. anteiliger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Zinsen verlangen können.

a. Den Klägern stehen gegen den Beklagten Ansprüche i.H.v. insgesamt EUR 4.950,00 zu. Der Betrag setzt sich im Einzelnen wie folgt zusammen:

i. Den Klägern steht nach Beendigung des Mietverhältnisses ein Anspruch auf Rückzahlung der an den Beklagten geleisteten Mietkaution i.H.v. EUR 3.975,00 aus der mietrechtlichen Sicherungsabrede zu.

ii. Die Kläger können von dem Beklagten keinen Schadensersatz aus der Zerstörung der Zaunanlage nach §§ 280 Abs. 1, 539 Abs. 2 BGB verlangen, weder wie von den Klägern angesetzt i.H.v. EUR 2.941,18, noch wie von dem Amtsgericht im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO angesetzt i.H.v. EUR 1.350,00.

Nicht zu beanstanden sind die Feststellungen des Amtsgerichts, die streitgegenständliche Zaunanlage sei auf Wunsch und Veranlassung der Kläger errichtet worden. Ihnen habe am Ende des Mietverhältnisses das Recht zugestanden, den Zaun wegzunehmen. Ob der Schadensschätzung des Amtsgerichts im Ergebnis gefolgt werden kann, kann dahinstehen, weil der Anspruch der Kläger verjährt und damit nicht mehr durchsetzbar ist, §§ 548 Abs. 2, 214 Abs. 1 BGB.

Nach § 214 Abs. 1 BGB ist der Schuldner nach Eintritt der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern. Nach § 548 Abs. 2 BGB verjähren Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme eine Einrichtung in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses.

Die kurze Verjährungsfrist gilt auch für Ansprüche, die wirtschaftlich an die Stelle des in § 548 Abs. 2 BGB genannten Erfüllungsanspruchs treten (BGH vom 13.5.1987, Az. VIII ZR 136/86; OLG Hamm vom 13.3.1981, Az. 7 U 196/80; Klotz-Hörlin, in: BeckOK Mietrecht, 35. Ed., Stand 15.2.2024, BGB, § 548 Rn. 49). Anders als die Kläger meinen, unterfallen etwaige zwischen den Parteien getroffene Absprachen betreffend den Zaun den mietrechtlichen Regelungen, weil sie sich konkret auf den von den Klägern angemieteten Stellplatz beziehen.

Die Verjährung aus § 548 Abs. 2 BGB beginnt mit Beendigung des Mietverhältnisses, d.h. der rechtlichen Beendigung mit Ablauf des 30.4.2020 (Wiederhold, in: BeckOK BGB, 69. Ed., Stand 1.2.2024, § 548 Rn. 31).

Die Klage ist am 31.3.2021 anhängig gemacht worden. Weitere Hemmungstatbestände sind nicht ersichtlich.

Der Beklagte hat sich in seinem Schriftsatz vom 13.9.2023 auf Verjährung berufen.

Entgegen der Forderung der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer kann der Betrag auch nicht im Rahmen von § 215 BGB im Wege einer Bilanzierung gegenseitiger, verjährter Ansprüche berücksichtigt werden. Der Beklagte hat gegen die Forderungen der Kläger bereits mit der Klageerwiderung vom 8.6.2021 die Aufrechnung erklärt. Damit sind die Forderungen des Beklagten nach § 389 BGB erloschen.

Sie standen der Klägerseite nicht mehr als Passivforderung gegenüber.

iii. Die Kläger können von dem Beklagten keine Rückzahlung überzahlter Miete für Oktober 2019 i.H.v. EUR 615,00 aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB verlangen. Insoweit wird auf die Ausführungen des Amtsgerichts verwiesen, die von der Berufung nicht angegriffen wurden und auch im Übrigen nicht zu beanstanden sind.

iv. Die Kläger können von dem Beklagten Rückzahlung der Betriebskostenvorauszahlungen für den Zeitraum Oktober 2019 bis April 2020 i.H.v. EUR 975,00 aus ergänzender Vertragsauslegung verlangen (BGH vom 26.9.2012, Az. VIII ZR 315/11). Insoweit wird auf die Ausführungen des Amtsgerichts verwiesen, die von der Berufung nicht angegriffen wurden und auch im Übrigen nicht zu beanstanden sind.

b. Die Ansprüche der Kläger sind teilweise i.H.e. Betrags von insgesamt EUR 2.717,93 erloschen, weil der Beklagte insoweit mit Gegenansprüchen aufrechnen konnte, § 389 BGB.

i. Das Amtsgericht hat zugunsten des Beklagten richtigerweise einen anteiligen Betrag i.H.v. EUR 1.249,50 aus der Rechnung der Firma .... (Anlage B2) angesetzt.

Hinsichtlich der Spachtelarbeiten zur Beseitigung von Dübellöchern (Anlage B2, Position 1) kann dahinstehen, welcher Maßstab für die Bewertung der Angemessenheit vorhandener Dübellöcher bei Rückgabe einer Wohnung anzusetzen ist (siehe zum Meinungsstreit etwa Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, 16. Aufl. 2024, § 538 Rn. 34; a.A. Börstinghaus, in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, BGB, 7. Aufl. 2023, § 546 Rn. 39). Für die Kammer steht nämlich nicht fest, dass der Beklagte den Klägern eine Frist zur Nacherfüllung nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB gesetzt hat. Ebenso wenig steht für die Kammer fest, dass die Kläger die Leistung ernsthaft und endgültig im Sinne von § 281 Abs. 2 BGB verweigert haben.

Zwar mag der beklagtenseitige Vortrag zutreffen, dass der Kläger zu 3) bei Rückgabe der Wohnung geäußert hat, die Kläger würden in der Wohnung nichts mehr machen. Diese Aussage kann aber mit Blick auf die Unstimmigkeiten, die zwischen den Parteien hinsichtlich der im Rückgabeprotokoll festgehaltenen Mängel bestehen, nicht zweifelsfrei dahin ausgelegt werden, dass eine Mangelbeseitigung abgelehnt wurde. Wie für das Amtsgericht ist für die Kammer mit Blick auf die unterschiedlichen, von den Parteien jeweils zur Akte gereichten Rückgabeprotokolle (Anlage B1 einerseits und Anlage zum Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 1.11.2021 andererseits) nicht auszumachen, bei welchem Protokoll es sich um das maßgebliche Rückgabeprotokoll handeln soll, das tatsächlich von beiden Parteien ausgefüllt und unterschrieben wurde. Je nachdem welche der zwei Protokollfassungen zugrunde gelegt wird, erhält die von dem Beklagten behauptete Aussage des Klägers zu 3) einen unterschiedlichen Aussagegehalt.

Gleiches gilt hinsichtlich der Kosten für einen Neuanstrich (Anlage B2, Position 2) sowie für die Grundreinigung der Küche (Anlage B2, Position 3).

Hinsichtlich der Kosten für den Austausch der Putzwände in der Abstellkammer wegen Schimmelbefalls i.H.v. EUR 495,00 (Anlage B2, Position 4) hat der Beklagte nicht hinreichend dargelegt, inwieweit der Schaden auf ein Verhalten der Kläger zurückzuführen sein soll. Darauf hat das Amtsgericht sowohl in seinem Hinweis vom 20.12.2021 als auch in dem angegriffenen Urteil hingewiesen. Den erforderlichen Vortrag hat der Beklagte auch in der Berufungsinstanz nicht nachgeholt. Er hat den Anspruch lediglich damit begründet, die Kläger hätten in dem als Anlage B1 vorgelegten Übergabeprotokoll anerkannt, dass als bekannter Mangel eine Schimmelbildung aufgrund schlechter Belüftung festzustellen sei. Selbst wenn zugunsten des Beklagten angenommen würde, dass es sich bei dem als Anlage B1 vorgelegten Protokoll tatsächlich um das von den Parteien angefertigte Übergabeprotokoll handelt, ließe sich daraus nicht der Rückschluss ziehen, dass die Kläger eine durch sie verursachte Beschädigung hätten anerkennen wollen.

Vielmehr lässt sich die Eintragung auch als neutrale Zustandsbeschreibung auslegen.

Soweit der Beklagte nunmehr in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 7.3.2024 ausführt, der Schimmelbefall sei auf das Heizverhalten der Kläger zurückzuführen, steht dieser Vortrag nicht nur in Widerspruch zu seinem bisherigen Vortrag, da der Schimmel ausweislich des Protokolls in Anlage B1 auf schlechte Belüftung zurückzuführen sein soll. Der Vortrag ist überdies ebenfalls nicht hinreichend substantiiert.

Selbst substantiierter Vortrag wäre nach § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen gewesen, da die Ausführungen nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erfolgt sind und inhaltlich außerhalb des von der Kammer nach § 139 Abs. 5 ZPO gewährten Schriftsatznachlasses lagen.

Hinsichtlich der Reparatur der Küchenwange für einen Betrag i.H.v. EUR 714,00 (Anlage B2, Position 3) und die Reparatur der Brandschutzdämmplatten im Kellerabteil für einen Betrag i.H.v. EUR 450,00 zzgl. Mehrwertsteuer (Anlage B2, Position 5) wird auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen, die von der Anschlussberufung nicht angegriffen wurden und auch im Übrigen nicht zu beanstanden waren.

ii. Dem Amtsgericht ist auch dahingehend zu folgen, das zugunsten des Beklagten kein Betrag i.H.v. EUR 450,00 für weitere Farbanpassungsarbeiten (Anlage B11) nach § 280 Abs. 1, 3, 281 BGB anzusetzen sind.

In der Begründung schließt sich die Kammer insoweit den treffenden Ausführungen des Amtsgerichts an.

iii. Zu Gunsten des Beklagten waren EUR 559,00 für eine Reparatur der Küchenrückwand (Anlage B12) und weitere EUR 909,43 für den Austausch des Bodenbelags nach § 280 Abs. 1 BGB in Ansatz zu bringen. Eine Substanzverletzung durch die Kläger wurde durch das Amtsgericht festgestellt. Diese Feststellung haben die Klägerin mit der Anschlussberufung nicht angegriffen, sie sind auch im Übrigen nicht zu beanstanden.

iv. Schließlich war zugunsten des Beklagten kein Betrag i.H.v. EUR 1.525,00 für einen Mietausfallschaden für den Monat Mai 2020 anzusetzen.

Das Amtsgericht hat dem ursprünglich im Wege der Widerklage verfolgten Anspruch mit der Begründung verneint, es habe sich nicht bestätigt, dass zum 1.5.2020 bereits ein Nachmieter bereitgestanden hätte. Zudem habe sich der Beklagte gegenüber den Klägern bereit erklärt, die Wohnung erst zum 2.5.2020 zurückzunehmen. Aus diesen Gründen fehle es an der Kausalität zwischen dem Rückgabeverlangen der Kläger und der Wiedervermietung zum 1.6.2020.

Inhaltlich schließt sich die Kammer den Ausführungen des Amtsgerichts an. Das Amtsgericht hätte sich jedoch mit dem Zeugenangebot des Beklagten auseinandersetzen müssen. Der angebotene Zeuge ... soll nach den Ausführungen des Beklagten bereit gewesen sein, die Wohnung ab 1.5. anzumieten.

Nach Auffassung der Kammer war der Zeuge allerdings auch in der Berufungsinstanz deshalb nicht zu hören, weil der Vortrag des Beklagten und die Aussage der Zeugin ... ein widersprüchliches Bild zu dem Zeitpunkt gezeichnet haben, ab dem die Wohnung weitervermietet werden sollte. Zudem hat der Beklagte mit Blick auf die - von den Klägern allein zu verantwortenden - vereinzelten Substanzverletzungen in der Wohnung nicht dargelegt hat, wieso eine Vermietung der Wohnung vor dem 1.6. nicht möglich gewesen sein soll. Hierauf hat die Kammer den Beklagten in der mündlichen Verhandlung hingewiesen und insoweit Schriftsatznachlass gewährt.

In dem daraufhin erfolgten Schriftsatz vom 7.3.2022 hat der Beklagte eine Kausalität zwischen den Pflichtverletzungen der Kläger und einer Neuvermietung der streitgegenständlichen Wohnung zum 1.6.2020 weiterhin nicht substantiiert dargelegt. In dem Schriftsatz trägt die Beklagtenseite wiederholt pauschal vor, die Wohnung habe sich bei Auszug der Kläger in einem katastrophalen Zustand befunden. Die Vermietung sei erst nach einer aufwändigen Mängel- bzw. Schadensbeseitigung möglich gewesen. Die Vermittlung der Wohnung an den neuen Mieter ... sei ebenfalls von dem Maklerbüro ... Immobilien vermittelt worden, bei dem die Zeugin ... angestellt sei. Damit bestehen die von der Kammer in der mündlichen Verhandlung aufgezeigten Ungereimtheiten fort.

c. Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten kann der Kläger zu 1) in Abweichung von der Entscheidung des Amtsgerichts aus einem Gegenstandswert i.H.v. EUR 1.257,07 verlangen, weil die geltend gemachte Rückzahlungsforderung i.H.v. EUR 3.9750,00 nach Abzug der beklagtenseitigen Forderungen in der genannten Höhe berechtigt war. Unter Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr i.H.v. EUR 165,10 (2300 VV-RVG), zzgl. Pauschale i.H.v. EUR 20,00 (7002 VV-RVG) und 19% Umsatzsteuer (7008 VV-RVG) ergibt sich ein Betrag i.H.v. EUR 220,27.

Soweit die Mietkaution betroffen ist, ist die Forderung der Kläger nach §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB mit Verzugseintritt seit 27.2.2021 zu verzinsen (vgl. Anlage K2). Hinsichtlich der Betriebskostenrückzahlung und vorgerichtlichen Anwaltskosten können die Kläger Prozesszinsen aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB seit 16.6.2022 verlangen.

2. Die zulässige Anschlussberufung war zurückzuweisen.

a. Ob die von den Klägern vorgebrachten Beanstandungen der Schadensschätzung des Amtsgerichts bezüglich des Zauns durchgreifen, kann dahinstehen, weil ein Schadensersatzanspruch der Kläger jedenfalls verjährt ist (siehe oben, 1. a. ii.).

Hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs aufgrund eines vermeintlichen Betrugs des Beklagten hat die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht hinreichend konkret vorgetragen, worin die Betrugshandlung des Beklagten im Einzelnen gelegen haben soll.

b. Soweit die Kläger als alternative Begründung für die geltend gemachte Forderung i.H.v. EUR 700,00 hinsichtlich des Zauns beanstanden, das Amtsgericht habe verkannt, dass der Zeuge ... gegenüber den Klägern nach Errichtung der Zäune eine Position abgerechnet habe, die er dem Beklagten hätte ich Rechnung stellen müssen, führt dies nicht zu einer Abänderung der angegriffenen Entscheidung.

Den Klägern steht kein Anspruch auf Rückzahlung anteiliger Kosten für die Errichtung eines Zauns i.H.v. EUR 700,00 aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu. Zwar mag es zutreffen, dass die Kläger an den Zeugen ... ein Entgelt entrichtet haben, das der Zeuge für einen für den Beklagten errichteten Zaun in Rechnung gestellt hat. Dieser Betrag wäre allerdings entlang der Leistungsbeziehung zwischen den Klägern und den Zeugen ... rückabzuwickeln. Insoweit können die Kläger nicht den Beklagten in Anspruch nehmen.

c. Das Amtsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Ansprüche der Kläger teilweise durch Aufrechnung des Beklagten erloschen sind, § 389 BGB. Obwohl die Forderungen des Beklagten ihrerseits verjährt sein mögen, konnte der Beklagte die Aufrechnung mit der Forderung der Kläger auf Rückzahlung der Mietkaution erklären, weil sich die Forderungen in dem Zeitpunkt, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt gegenüberstanden, § 215 BGB.

i. Sowohl der Anspruch der Kläger auf Rückzahlung der Kaution als auch die Schadensersatzansprüche des Beklagten bestanden jedenfalls unmittelbar nach Beendigung des Mietverhältnisses und waren zu diesem Zeitpunkt nicht verjährt. Der Aufrechenbarkeit der gegenseitigen Ansprüche steht nicht entgegen, dass der Anspruch der Kläger auf Rückzahlung der Mietkaution erst nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist des Vermieters fällig wird (vgl. BGH vom 20.7.2016, Az. VIII ZR 263/14). Denn § 387 BGB verlangt für das Vorliegen einer Aufrechnungslage lediglich, dass der Aufrechnende die ihm obliegenden Leistungen bewirken kann, seine Leistung mithin erfüllbar ist. Fälligkeit der Leistung des Aufrechnenden, also das Recht des Gläubigers, diese Leistung zu verlangen, ist keine Voraussetzung für eine Aufrechnungslage (zur Begrifflichkeit Grüneberg, in: Grüneberg BGB, 82. Aufl. 2023, § 271 Rn. 1; ebenso OLG Düsseldorf vom 30.10.2001, Az. 24 U 77/01).

ii. Einer Aufrechnungslage nach § 387 BGB steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte nicht innerhalb der Verjährungsfrist nach § 548 Abs. 1 BGB gegenüber den Klägern sein Schadensersatzbegehren zum Ausdruck gebracht hat. Dies führt nicht dazu, dass sich die gegenseitigen Ansprüche der Parteien nicht unverjährt im Sinne von § 215 BGB gegenüber gestanden hätten. Der insoweit abweichenden Rechtsauffassung des Kammergerichts Berlin (Urteil vom 2.12.2019, Az. 8 U 104/17), auf die sich die Kläger stützen, folgt die Kammer nicht.

Das Kammergericht hat in der genannten Entscheidung die Auffassung vertreten, dass im Falle von § 249 Abs. 2 BGB anders als bei einer Wahlschuld (§ 262 BGB) nicht von vornherein zwei Ansprüche bestünden (auf Herstellung und auf Zahlung), die lediglich einer Konkretisierung durch Wahlausübung bedürften.

Vielmehr bestünde zunächst lediglich der Herstellungsanspruch. Erst mit dem Zahlungsverlangen übe der Geschädigte sein Recht aus, "an Stelle der einen geschuldeten Leistung eine andere mit der Folge zu setzen, dass fortan nur diese letztere Erfüllung ist" (insoweit unter Verweis auf BGHZ 5, 105 = NJW 1952, 619, 620). Erst mit Ausübung der Ersetzungsbefugnis, die somit eine Gestaltungserklärung sei, trete eine Änderung des Schuldverhältnisses ein. Bis zur Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs sei der Anspruch daher auf Naturalrestitution gerichtet und eine Aufrechnungslage bestehe bis dahin nicht.

Dem folgt die Kammer in der gezogenen Konsequenz nicht. Die Kammer ist der Auffassung, dass § 387 BGB für das Vorliegen einer Aufrechnungslage fordert, dass der Aufrechnende die ihm gebührende Leistung fordern kann und in diesem Fall Gleichartigkeit der Leistungen gegeben ist. Diese Anforderungen sind auch dann erfüllt, wenn der Gläubiger - mit der Begründung des Kammergerichts - von der Ausübung seiner Ersetzungsbefugnis noch keinen Gebrauch gemacht hat. Es genügt für § 387 BGB und damit für die Anwendung von § 215 BGB, wenn eine Rechtslage besteht, die den Gläubiger in die Lage versetzt, die Aufrechnung erklären zu können.

Eine darüber hinausgehende einschränkende Auslegung von § 387 BGB findet nach Auffassung der Kammer in der Norm keinen Halt. Sie zieht überdies aus der den Rechtskreis des Gläubigers erweiternden Regelung des § 249 BGB eine Rechtsfolge, die sich anderenorts zu seinen Lasten auswirkt. Diese Rechtsfolge würde im Rahmen von § 215 BGB zu einer erheblichen Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeiten führen, die auch in der Norm des § 215 BGB keine Stütze findet.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Das Amtsgericht hat für das Verfahren in erster Instanz einen Streitwert i.H.v. EUR 12.374,66 festgesetzt.

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen unterliegen die Kläger mit einem Betrag i.H.v. EUR 6.274,11 (= 51%), der Beklagte mit einem Betrag i.H.v. EUR 6.100,55 (= 49%). Zur näheren Erläuterung wird auf das angegriffene Urteil und den Streitwertbeschluss vom 3.11.2022 Bezug genommen.

Für das Berufungsverfahren ist nach § 47 Abs. 1 S. 1 GKG aufgrund der Anträge des Berufungsklägers ein Streitwert i.H.v. EUR 3.582,07 und für die Anschlussberufung i.H.v. EUR 2.966,12, mithin insgesamt i.H.v. EUR 6.548,19 anzusetzen, wobei mit Blick auf die Anschlussberufung zu berücksichtigen ist, dass sich die Kläger hinsichtlich des Schadensersatzes für den Zaun alternativ auf einen Anspruch i.H.v. EUR 700,00 für ein Zaunelement gestützt haben, das dem Beklagten hätte in Rechnung gestellt werden müssen. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen unterliegen die Kläger mit einem Betrag i.H.v. EUR 4.316,12 (= 66%) und der Beklagte mit einem Betrag i.H.v. EUR 2.232,07 (= 34%).

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 2 ZPO.

4. Die Revision war nach § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO hinsichtlich der von dem Beklagten erklärten Aufrechnung unter dem Gesichtspunkt der Divergenz zuzulassen.

Die Revision ist zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der Divergenz zuzulassen, wenn in der Entscheidung des Berufungsgerichts ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht, und die angegriffene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (BGH vom 16.10.2018, Az. II ZR 70/16).

Die Kammer geht hinsichtlich der durch den Beklagten erklärten Aufrechnung davon aus, dass sie nach §§ 389, 215 BGB ein teilweises Erlöschen der klägerischen Forderung bewirkt hat, obwohl der Beklagte vor Eintritt der Verjährung seiner Ansprüche nicht gegenüber den Klägern zum Ausdruck gebracht hat, dass er i.R.v. § 249 Abs. 2 BGB Zahlung von den Klägern verlangt. In dieser entscheidungserheblichen Rechtsfrage weicht die Kammer von der Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin ab (Urteil vom 2.12.2019, Az. 8 U 104/17).