DAV fordert Neufassung der §§ 650b und 650c BGB

Der Vorschlag des DAV ist unausgegoren.

Richtig ist, an der Textform der Anordnung festzuhalten, da es dem Besteller zugemutet werden kann, nach Anordnung diese textlich zu fassen, so dass hierdurch etwaige Missverständnisse der vorangegangenen Besprechung offenkundig werden und somit der Streitvermeidung dienlich sind ("so haben wir das nicht besprochen, so habe ich das nicht gemeint"). Auch der später gern eintretenden Amnesie der Bauherren, sich plötzlich nicht mehr daran zu erinnern überhaupt eine Anordnung gegeben zu haben, bleibt damit ein Riegel vorgeschoben. Das Argument dies entspräche nicht den praktischen Erfordernissen der Baustelle zieht nicht:abgesehen von den vorstehenden Erwägungen Klarheit zu schaffen, ist es im Zeitalter von eMails dem AG zuzumuten dem AN eine eMail im direkten Nachgang zur Besprechung zu senden. Dies kann er ggf auch direkt beim Gespräch tun, denn 2024 benutzt jeder Smartphones. Der Unternehmer wird auch abgesichert: er weiß was er ausführen soll und ihm wird abgeholfen eine Anordnung nachzuweisen (Aussage gegen Aussage).
Die Deutsche Bahn beispielsweise hat bei den Nachträgen die Anforderung des Nachweises der Anordnung.

Wie Herr Bolz richtig anmerkt: der neue Entwurf ist schlechter als der alte. Derzeit weiß man zumindest, dass wenigstens nach 30 Tagen Verhandlung das Ende der Fahnenstange erreicht ist (Rechtssicherheit). Bei 2 x Angemessenheit führt dies bei größeren Bauvorhaben mit koplexen Inhalt zu noch größeren Problemen. Sinnvoll wäre daher eine Gefahr in Verzug-Regelung vorzusehen und die 30 Tage auf 10 Kalendertage zu kürzen.

Keine Aussage wird zu § 650d BGB getroffen. Problem an der Vorschrift ist, dass die Parteien nicht über die Höhe eines einzelnen Nachtrags isoliert streiten können, sondern der AN wieder seine gesamte Abschlagsrechnung nachweisen muss. Hier müsste die Isolierungsfunktion bzgl. einzelner Nachträge prozessual ermöglicht werden. Dies ist auch nicht unbillig, da in weiteren Verfahren der Rest ebenfalls geklärt werden kann. Ansonsten bleibt § 650d eine stumpfe nicht angewendete Waffe.

Ich stimme den Herren Bolz und Klug zu:

Die Verbesserungsvorschläge sind teilweise nicht zielführend - im Gegenteil.

Zum Beispiel:

Neufassung § 650b II 1 BGB ist in der Praxis völlig überflüssig und 30-Tage-Frist wird ersetzt durch "angemessen" - das soll vereinfachend sein?

Im Übrigen steht es Vertragsparteien grds. auch heute schon frei, Preisermittlungsgrundsätze für Nachträge im Vorfeld zu vereinbaren. Das ist in meiner Arbeitswelt auch gelebte Praxis. Die Einlassungen der Verfasser:innen zu diesem Thema halte ich hingegen für ziemlich unausgewogen.

Es gibt an den Bauvertragsregelungen sicher einiges zu verbessern, aber hier wurde der Schwerpunkt falsch gesetzt. Schade!

Die Behauptung, die neuen Vorschriften hätten sich in der Praxis nicht bewährt, sondern zu zahlreichen Rechtsunsicherheiten geführt, ist nicht evidenzbasiert.

Nach meiner Beobachtung ist lediglich die 30-Tage-Regel misslungen. Nach VOB/B gibt es seit Jahrzehnten ein sofortiges Anordnungsrecht, und das hat bisher noch niemanden gestört. Es bestand demzufolge kein Anlass, hier eine abweichende Regelung vorzusehen. Dass dies tatsächlich nicht erforderlich ist, wird auch daran deutlich, dass nur ein verschwindend kleiner Teil von Auftragnehmern sich hierauf in der Praxis beruft. Die Regel sollte daher ersatzlos abgeschafft und ein nicht an besondere Voraussetzungen gebundenes sofortiges Anordnungsrecht vorgesehen werden.

Dies gilt auch deshalb, weil der vom Gesetzgeber imaginierte Regelablauf (Änderungswunsch des Auftraggebers, anschließend Nachtragsangebot, anschließend Anordnung) in der Praxis so nicht funktioniert. In einer Vielzahl von Fällen ist es so, dass das Änderungsbegehren vom Auftragnehmer ausgeht, der dem Auftraggeber mitteilt, dass die Leistung so wie beauftragt nicht ausgeführt werden kann, weil notwendige Leistungen im verpreisten Leistungsumfang fehlen oder die Ausführung beauftragter Leistungen zu Mängeln führen würde. Häufig wird daraufhin eine Leistungsänderung vom Auftraggeber angeordnet. § 650d BGB soll aber nach verbreiteter Ansicht nur „funktionieren“, wenn der vom Gesetzgeber vorgesehene Regelablauf eingehalten wurde, also das Nachtragsangebot vor der Anordnung des Auftraggebers vorlag.

Ebenfalls abzulehnen ist der Vorschlag, vom gesetzlichen Leitbild einer Vergütung nach tatsächlich erforderlichen Kosten plus angemessenen Zuschlägen abzurücken. Die Umsetzung dieses Vorschlages wäre ein grober Fehler. Kalkulatorische Preisfortschreibung hat in der Praxis noch nie so funktioniert wie wie erhofft und wird auch nie funktionieren. Es ist wirtschaftlich nicht ernsthaft zu erwarten, dass jemand, der für besonders günstige Preise angeboten hat, nun auch jegliche Leistungsänderungen zu besonders günstigen Preisen ausführen müsse oder auch nur könne. Solche unrealistischen Vorstellungen hegen eigentlich nur öffentliche Auftraggeber, die dann auf spekulationsfreudige Auftragnehmer treffen. Für die weitaus überwiegende Anzahl der Baubeteiligten einschließlich der privaten Bauherren ist das aktuell geltende gesetzliche Leitbild sinnvoll und richtig.