Was hat Schimon Peres mit dem Zustand unseres Vergütungs- und Entschädigungsrechts im zivilen Baurecht zu tun?
Ein ermutigender Satz des früheren israelischen Präsidenten Schimon Peres: "Pessimismus ist einfach Zeitverschwendung, Pessimismus lähmt da, wo wir eigentlich Haltung, Mut und aktives Handeln brauchen." Den fragwürdigen Zustand unseres Vergütungs- und Entschädigungsrechts mit Haltung, Mut und aktivem Handeln weiterentwickeln. So hoffe ich auf eine Klärung der Frage, wie vom Auftraggeber angeordnete BauSoll-Modifikationen im Sinne von § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B der Höhe nach zu behandeln sind. Kalkulatorische Preisniveaufortschreibung oder tatsächliche Kosten, das ist hier die wohl zentrale Frage. Eine Frage, zu deren Beantwortung etliche Zweifel durchlebt werden müssten; siehe etwa Drittler, BauR 2023, 1871. Die zügige Klärung tut Not. Gefordert ist der VII. Zivilsenat am BGH. Zügig und bitte: ...
Nicht den geeigneten Fall abwartend. Es mag Mut erfordern, diese Frage in obiter dicta anzugehen. Frühere Senate haben diesen Mut aufgebracht, wenn ich nur an die Entscheidung BGH "Zuschlagsverzögerung II, Autobahnlos bei N" vom 10.09.2009 (VII ZR 152/08, BauR 2009, 1901) denke, mit deren obiter dictum unter Rn. 42 die Idee von den tatsächlich erforderlichen Kosten als Maß der Bewertung von BauSoll-Modifikationen wenn nicht angestoßen, so doch weiter in Schwung gebracht worden ist. Einer der Vordenker des aktuellen Senats sagt am Rande von Fortbildungsveranstaltungen, er habe die Lösung, es fehle ihm nur die Zeit, sie aufzuschreiben. Also bitte: ran, nur Mut!
Ich hoffe darauf, dass der Gesetzgeber an der mit der Auslegung des § 642 BGB spätestens in der jüngeren Entschädigungsrechtsprechung des BGH [BGH "Entschädigungsdauer" vom 26.10.2017 (VII ZR 16/17, BauR 2018, 242) und BGH "Entschädigungshöhe" vom 30.01.2020 (VII ZR 33/19, NZBau 2020, 362)] offenbar gewordenen tiefen Gerechtigkeitslücke im zivilen Baurecht (näher hier und hier) wenigstens beginnt, zu arbeiten.
Ich hoffe auf eine Haltung, mit der uns die VOB/B erhalten bleibt. Die VOB/B mag, nein, die VOB/B hat Ecken und Kanten u.a. im Vergütungsrecht in § 2 VOB/B, woraus "ein erbitterter Streit darüber herrscht, wie die neuen Preise zu ermitteln sind"; siehe bei Kniffka in seiner Analyse mit dem Titel "Ist die VOB/B eine sichere Grundlage für Nachträge?" in Festschrift für Iwan, Leibniz Universität Hannover (2010). Bei aller Kritik im Einzelnen, gehört die VOB/B aber nicht abgeschafft. In den §§ 650 a - h BGB (Bauvertrag) sehe ich noch lange nicht das, was es mit der VOB/B aufnehmen könnte. Und wenn es einmal soweit sein sollte, wird auf dem Weg dorthin ebenfalls die Erkenntnis der Fehlbarkeit stehen. Ich bin dafür, an den Schwachstellen der VOB/B zu arbeiten, die VOB/B zu renovieren, und das gesetzliche Baurecht dabei mitwachsen zu lassen.
Mögen wir uns als das Baurecht Gestaltende und darin Lebende mit klarer Haltung, Mut und aktivem Handeln im neuen Jahr 2024 bewegen. Optimistisch und getragen von Hoffnung. Nach vorne schauend. So hoffe ich auf ein Jahr mit durchgreifender Bewegung im Vergütungs- und Entschädigungsrecht, auf dass die in der Praxis verbreiteten Unsicherheiten und Streitanfälligkeiten sich nach und nach auflösen mögen.
Und mit Blick auf die Region, in der Schimon Peres einst wirkte, hoffe ich auf ehrliches Teilen und die Begegnung der Konfliktparteien mit Achtung und Achtsamkeit. Ich hoffe auf Wege zum Frieden.
Wünsche an die Konfliktparteien im Nahen Osten, die unmittelbaren und die dahinter stehenden.
Dr.-Ing. Matthias Drittler
(erstellt am 31.01.2024 um 12:13 Uhr)