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IBR 04/2017 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht nach BGB ist in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur umstritten, ob der Besteller bereits vor der Abnahme die Beseitigung von Mängeln verlangen kann (siehe zum Streitstand Krause-Allenstein, in: Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand: 18.09.2016, § 634 Rz. 9 ff.). Dies deshalb, weil für die Beantwortung der Frage, ob ein Werk mangelfrei ist, der Zeitpunkt der Abnahme maßgeblich ist. Bis zur Abnahme kann der Unternehmer grundsätzlich frei wählen, wie er den Anspruch des Bestellers auf mangelfreie Herstellung erfüllt. Der u. a. für das Bauvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Frage bislang ausdrücklich offengelassen (siehe z. B. BGH, Dokument öffnen IBR 2016, 275). In seinen Urteilen vom 19.01.2017 hat das Gericht nunmehr entschieden, dass der Besteller Mängelrechte nach § 634 BGB grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks mit Erfolg geltend machen kann (Dokument öffnen S. 186). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz soll jedoch dann gelten, wenn der Besteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Das ist jedenfalls der Fall, wenn der Unternehmer das Werk als fertig gestellt zur Abnahme anbietet und der Besteller nur noch Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes geltend macht oder die Minderung erklärt (Dokument öffnen S. 187).

Wird ein Baumangel im Wege der Ersatzvornahme von einem Drittunternehmer beseitigt, sind die damit verbundenen Kosten in der Regel höher als der Aufwand, der dem Unternehmer entsteht, wenn er den Mangel selbst beseitigt. Das gilt nicht nur bei „reinen“ Ausführungsfehlern, sondern auch bei planungsbedingten Baumängeln. Deshalb versuchen Architekten und Ingenieure bisweilen, die Beseitigung von Baumängeln, die auf Planungsfehler zurückzuführen sind, vertraglich an sich zu ziehen. Wie der Bundesgerichtshof indes am 16.02.2017 entschieden hat, verstößt die von einem Architekten als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellte Vertragsbestimmung in einem Architektenvertrag „Wird der Architekt wegen eines Schadens am Bauwerk auf Schadensersatz in Geld in Anspruch genommen, kann er vom Bauherrn verlangen, dass ihm die Beseitigung des Schadens übertragen wird.“ gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und ist unwirksam. Denn der Architekt schuldet wegen eines von ihm verschuldeten Planungs- oder Überwachungsfehlers, der sich im Bauwerk bereits verwirklicht hat, grundsätzlich Schadensersatz in Geld (§ 280 Abs. 1 BGB). Mit der vorgenannten Klausel wird dieser Anspruch des Bauherrn aber beschränkt, ohne ihm einen angemessenen Ausgleich oder das Recht zu gewähren, die Ausübung der Selbstbeseitigungsoption ablehnen zu können (Dokument öffnen S. 204).

Im Vergaberecht ist gleich auf zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs hinzuweisen:

So hat der Bundesgerichtshof am 29.11.2016 entschieden, dass ein späteres ein früheres Angebot ersetzt. Sendet ein Bieter auf elektronischem Wege ein Hauptangebot und mit gewissem zeitlichem Abstand (hier: etwa zwei Stunden) kommentarlos eine weitere als Hauptangebot erkennbare Offerte, ist dies nach Ansicht des X. Zivilsenats regelmäßig dahin zu verstehen, dass das spätere Angebot an die Stelle des früher eingereichten treten soll, nicht aber, dass beide als Hauptangebote gelten sollen (Dokument öffnen S. 210).

Noch interessanter dürfte für die Praxis allerdings der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 31.01.2017 sein, der sich mit der Beantwortung der Frage befasst, ob ein Mitbewerber sich darauf berufen kann, dass der für den Zuschlag vorgesehene Bestbieter ein ungewöhnlich niedriges Angebot abgegeben hat. Von manchen Vergabekammern und -senaten wurde dies bislang mit der Begründung verneint, dass die – im Streitfall maßgebliche – Vorschrift des § 16 Abs. 6 VOL/A 2009, wonach auf ein Angebot, dessen Preis in offenbarem Missverhältnis zur Leistung steht, der Zuschlag nicht erteilt werden darf, in erster Linie dem Schutz des öffentlichen Auftraggebers diene. Etwas anderes könne bei Unterpreisangeboten gelten, die in Marktverdrängungsabsicht abgegeben worden seien (siehe z. B. VK Bund, Dokument öffnen IBR 2017, 36).

Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof jetzt entschieden, dass die Mitbewerber verlangen können, dass die Vergabestelle in die vorgesehene nähere Prüfung der Preisbildung eintritt, wenn ein Angebotspreis aufgrund des signifikanten Abstands zum nächstgünstigeren Gebot oder ähnlicher Anhaltspunkte, wie etwa der augenfälligen Abweichung von preislichen Erfahrungswerten aus anderen Beschaffungsvorgängen, ungewöhnlich niedrig erscheint (Dokument öffnen S. 209).

In der Rubrik „Allgemeines Zivilrecht“ ist der Beschluss des für das Gewerberaummietrecht zuständigen XII. Zivilsenats vom 25.01.2017 hervorzuheben, der über das Gewerberaummietrecht hinaus Bedeutung für eine Vielzahl von Verträgen im Bereich Bau und Immobilien hat. In der Sache geht es um die Bedeutung einer sog. „doppelten Schriftformklausel“, also einer vertraglichen Bestimmung, wonach Änderungen des Vertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen und auch die Schriftformklausel selbst nur schriftlich abbedungen werden kann. Dem Bundesgerichtshof zufolge kann eine solche doppelte Schriftformklausel im Falle ihrer formularmäßigen Vereinbarung wegen des Vorrangs der Individualvereinbarung (§ 305b BGB) eine mündliche oder auch konkludente Änderung der Vertragsabreden nicht ausschließen (Dokument öffnen S. 224). Was im Einzelfall mündlich vereinbart wurde, geht also vorformulierten schriftlichen Klauseln (fast) immer vor. Etwas anderes könnte lediglich bei einer individuell ausgehandelten doppelten Schriftformklausel gelten.

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr

Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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